Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Testosteron-Therapie: Nach neuer Studie nun Schutz vor Herzinfarkt und Schlaganfall?


Bochum, 25. Mai 2014:

Sowohl die US-Amerikanische (FDA) als auch die Europäische (EMA) Arzneibehörde untersuchen zur Zeit, ob Testosteron das kardiovaskuläre Risiko erhöht (1). Jetzt wurde auf der 23. Tagung der American Association of Clinical Endocrinologists (AACE) am 16. Mai 2014 in Las Vegas vorgetragen, dass bei etwa 20 000 hypogonadalen Männern unter Testosteron im Vergleich zur US-amerikanischen Durchschnittsbevölkerung weniger Herzinfarkte und Schlaganfälle gefunden wurden (2).

In der „Late-Breaking Results“ – Sitzung berichteten Robert Tan et al. (2) aus Houston, Texas über ein 7-fach niedrigeres Herzinfarktrisiko unter Testosterontherapie, für Schlaganfälle war das Risiko 9x niedriger. Bei Testosteronbehandlung wurden 30 neue Myokardinfarkte pro 100 000 und 10 neue Schlafanfälle pro 100 000 errechnet. In der Durchschnittsbevölkerung waren es nach den Daten von Kaiser Permanente North California 208 pro 100 000 für Herzinfarkt, und nach dem North Manhattan – Register 93 pro 100 000 für Schlaganfälle. Diese Zahlen stehen diametral denen gegenüber, die in den 2 Studien berichtet wurden, welche Anlass zu den derzeit laufenden Überprüfungen durch FDA und EMA gegeben hatten (siehe 1). Gründe für diese Diskrepanz kann man in der unterschiedlichen Zusammensetzung der Kollektive, der Art und Dauer der Testosteronzufuhr und der Qualität Therapiekontrolle sehen. So etwa wurde Testosteron in der ersten der 2 vorherigen Studien zu einem Drittel als Pflaster gegeben, während es in der neuen Studie zu 90% injiziert wurde. Ein wesentlicher Unterschied bestand in den erreichten Testosteronspiegeln: In der ersten Arbeit aus dem JAMA 2013 (siehe Lit. 1) wurde unter Therapie ein Spiegel von nur 332 ng/dl erreicht, in der neuen Studie von Tan et al. (1) von 543 ng/dl. Dr. Tan meint, dass möglicherweise der niedrige Testosteronspiegel in der JAMA-Arbeit Ursache für das um 30 % höhere Risiko gelegen haben könnte.

Kommentar

Bei der neuen Untersuchung handelte es sich um eine retrospektive Studie. Somit kann diese nur als Hypothese-generierend angesehen werden, wie der Moderator Sitzung Dr. George Grunberger betonte, der President-elect der AACE. Randomisierte, placebokontrollierte Studien würden freilich viele hundert Millionen Dollar kosten (3). Bei der Entscheidungsfindung der FDA und der EMA wird die neue Studie gewiss mit eine wichtige Rolle spielen.

Helmut Schatz

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Literatur

(1) Helmut Schatz: Testosteron wird von der Europäischen Arzneibehörde EMA auf kardiovaskuläre Sicherheit überprüft.
DGE-Blog-Beitrag vom 3. Mai 2014

(2) Robert Tan et al.: Vortrag auf dem 23rd Annual Scientific and Clinical Congress der American Association of Clinical Endodrinologists (AACE), 16. Mai 2014

(3) Miriam E. Tucker: Testosterone doesn´t up MI or stroke: may be protective?
http://www.medscape.com/viewarticle/825326_print

Posted on by Prof. Helmut Schatz
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3 Responses to Testosteron-Therapie: Nach neuer Studie nun Schutz vor Herzinfarkt und Schlaganfall?

  1. Helmut Schatz says:

    In den Annals of Pharmacotherapy erschien jetzt am 2. Juli 2014 online die Arbeit mit den Autoren Baillargeon at al. unter dem Titel „Risk of myocardial infarction in older men receiving testosterone therapy“. Testosteron als intramuskuläre Injektion war in dieser Studie an insgesamt ~24 000 älteren Männern nicht mit einem erhöhten Myokardinfarktrisiko assoziiert. Bei den Männern in der oberste Quartile eines prognostischen Scores für Myocardinfarkt war Testosteron sogar mit einem niedrigeren Herzinfarktrisiko assoziiert.

  2. M. Scheffler says:

    Ein 7-fach niedrigeres Herzinfarktrisiko unter Testosterontherapie und ein neun mal niedrigeres Risiko für Schlaganfälle ist sehr vielversprechend. Meine Eltern starben an Schlaganfällen. Schlaganfallprävention ist daher bei mir angesagt. Ich werde diese interessanten Studien mal ansprechen.

  3. Helmut Schatz says:

    Lieber Herr Scheffler, die referierte Studie betrifft HYPOGONADE Männer unter Substitutionstherapie, also solche mit erniedrigtem Testosteron-Ausgangsspiegeln. Liegt bei Ihnen ein solcher vor?

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