Bochum, 18. August 2015:
Tung Wai Auyeung et al. (1) untersuchten Testosteron und Muskelparameter bei über 1000 älteren Männern und fanden, dass der Spiegel männlichen Hormons mit steigender Schlafdauer bis zu 10 Stunden zunahm und sich Masse und Funktionszustand der Muskulatur verbesserten, bei noch längerem Schlafen jedoch wieder sanken.
Bei 1274 Männern über 65 Jahre, die in Gemeinschaft selbständig in eigenem Haushalt lebten, wurde massenspektroskopisch der morgendliche Testosteronspiegel gemessen. Mit einem Schlaf-Fragebogen wurden die Schlafdauer, die Dauer bis zum Einschlafen (über ½ Stunde) und subjektive Beschwerden durch Schlaflosigkeit erfasst. Mit der Doppel-Röntgen-Absorptiometrie (DXA) erfasste man die Muskelmasse. Die Testosteronspiegel, die Muskelmasse, Stärke des Handgriffs und Gehgeschwindigkeit wurden gegenüber der Schlafdauer und den Schlafstörungen getestet.
Resultate: Der morgendliche Testosteronspiegel stieg mit der Schlafdauer bis zu einem Wert von 9.9 Stunden an, dann sank er wieder, im Sinne einer U-förmigen Beziehung (p<0.05). Eine ähnlich U-förmige Relation bestand zwischen der Schlafdauer sowie der Masse und Funktion der Muskeln. Bei Männern, die früher zu Bett gingen, war der Testosteronspiegel auch höher, aber die Griffstärke niedriger. Bei Frühaufstehern fand sich eine höhere Muskelmasse (p<0.05), diese war aber nicht mit der Griffstärke oder der Gehgeschwindigkeit assoziiert. Bei Schlaflosigkeit fand man bei gleicher Muskelmasse eine geringere Griffstärke (p<0.05) und eine langsamere Gehgeschwindigkeit (p<0.01).
Kommentar
Die Schlafdauer hat, wie seit Langem bekannt und umfangreich untersucht, einen Einfluss auf den Testosteronspiegel. Meist wurden Männer jüngerer (auch Sportler) und mittlerer Altersgruppen untersucht. Man beobachtete, dass bis zu 8 Stunden Schlaf der Testosteronspiegel steigt und dann wieder fällt. Die Altersgruppe von 64-74 Jahren wurde in einer Pilotstudie getestet: P.D.Penev fand 2007 (2) bei 12 gesunden Männern zunächst, polysomnographisch und anschließend 6-9 Tage mit einem Handgelenksmonitor überprüft, eine signifikante Korrelation der Schlaflabor-Ergebnisse mit dem häuslichen Nachtschlaf. Das Messwerte für Testosteron zeigt Abb. 1 (aus Lit 2): Testosteron war mit der Schlafdauer korreliert.
Die vorliegende Studie (1) bestätigte an >1000 älteren Männern das Ergebnis dieser Pilotstudie. Im Unterschied zu früheren Arbeiten stieg hier aber das Testosteron noch bis zu 10 Stunden Schlaf an. Warum bei >10 Stunden niedrigeres Testosteron gefunden wurde, muss letztlich offenbleiben. Eine mögliche Erklärung für die Ergebnisse aus dieser Untersuchung wäre, dass sehr lang schlafende Männer die biologisch älteren gewesen sind und damit der altersassoziierte Testosteronabfall schon weiter vorangeschritten war. Diese Interpretation passt aber nicht zu den schon vorliegenden Ergebnissen bei jüngeren Männern, bei denen Testosteron auch abfiel, wenn auch schon nach acht Stunden. Welche Relevanz den bei immerhin >1000 Personen nur schwach signifikant gefundenen Assoziationen zwischen den anderen Messparametern und der Muskelmasse und -funktion zukommt, muss offen bleiben. Auf jeden Fall kann man älteren Männern raten, ausreichend lange und möglichst ungestört zu schlafen, wenn sie ihren Testosteronspiegel und ihre Muskelkraft möglichst lange hochhalten wollen. Zuviel Alkohol vor dem Schlafengehen mag hierfür hinderlich sein, meint der Referent.
Helmut Schatz
Abbildung 1: Testosteron bei 12 Probanden 64-74 Jahre, aus Penev 2007 (Lit. 2)
Literatur
(1) Tung Wai Auyeng et al.: Sleep duration and disturbances were associated with testosterone level, muscle mass, and muscle strength – a cross-sectional study in 1274 older men.
The Journal of Post-Acute and Long-Term Care Medicine (JAMDA) 2015. 16:630.e1-630.e6.
http://www.jamda.com/article/S1528-8610(15)00294-7/fulltext
(2) P.D.Penev: Association between sleep and morning testosterone levels in older men.
Sleep 2007. April 30(4).427-32.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17520786
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