Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Thyroxin-Einnahme kann zu Knochenschwund/Osteoporose führen


Neue Daten auf dem Nordamerikanischen Radiologenkongress in Dezember2024

Bochum, 2. Januar 2025:

Das Schilddrüsenhormon Thyroxin gehört in den USA und auch in Deutschland zu den am häufigsten eingenommenen Medikamenten. Nach einer Erhebung unter den mehr als neun Millionen Versicherten bei der BARMER  Krankenkasse nehmen ~11% Thyroxin ein.

Seit Jahren wird diskutiert, ob man es bei  Euthyreose, beurteilt am TSH-Wert im Referenzbereich „sicherheitshalber“ weitergeben, reduzieren oder einen Absetzversuch unternehmen solle. Nur als eines von vielen Literaturzitaten sei aus jüngster Zeit das auf der Jahrestagung 2024 der Sächsischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin vorgetragene und in der Zeitschrift für Allgemeinmedizin publizierte Ergebnis (1) einer Befragung von 33 hausärztlich tätigen Ärzten gebracht, welche zu diesem Thema anhand von 3 konstruierten Fällen gefragt wurden, ob sie eine Änderung der Thyroxin-Therpie vornehmen würden. Am häufigsten wurde eine Beibehaltung oder sogar eine Erhöhung der Dosis befürwortet. Eine Reduktion oder Beendigung wurde nur selten vorgeschlagen, und wenn, dann mit der Begründung des Fehlens einer vorangegangenen  exakten medizinischen Indikation. Dieses Ergebnis entspricht weitgehend der existierenden Literatur.

Jetzt wurden auf der Jahrestagung der Nordamerikanischen Radiologen-Gesellschaft  vom  1.-5. Dezember 2024 die Ergebnisse einer prospektiven Kohortenstudie im Rahmen der Baltimore Longitudinal Study of Aging (BSLA) von Radiologen, Endokrinologen und Epidemiologen der John Hopkin´s  Medical Institutions  in Baltimore, Maryland, USA  vorgetragen. Es wurden die Daten von 81 Personen (49 Frauen, 32 Männern), die über 65 Jahre alt waren, L-Thyroxin einnahmen und bei denen die Schilddrüsenfunktion bei regelmäßiger Testung im Referenzbereich lag  (TSH 0.4 – 5.0 ME /ml ), mit 364 gematchten  Patienten, die kein Thyroxin einnahmen verglichen. Die Knochenmasse und Knochendichte aller Personen wurde regelmäßig überprüft. Die mittlere Beobachtungszeit betrug 6.3 Jahre. Dabei zeigte sich, dass sich unter Levothyroxin ein stärkerer Verlust an Knochenmasse und Knochendichte messen ließ als bei euthyreoten Menschen ohne Thyroxineinnahme (2).

Kommentar

Der Radiologe Dr. Shadpour Demehri,  Co-Autor der Studie, betonte, dass die Thyroxingabe – auch bei Einhaltung der aktuellen Leitlinien – mit einem erhöhten Knochenverlust assoziiert war. Die Endokrinologin Dr. Jennifer Mamman, ebenfalls Co-Autorin, empfahl, dass ältere Patienten ihre Schilddrüsenfunktion regelmäßig überprüfen lassen müssten und der Arzt immer eine Nutzen-Risiko-Bewertung vornehmen sollte, bevor er die Therapie fortsetzt. Schließlich, und das erscheint dem Referenten (H.S.) besonders wichtig, deutete die Erstautorin, Frau Dr. Elena Ghotibi die Studie  so, dass ein erheblicher Anteil der Levothyroxin-Verordnungen an ältere Erwachsene ohne vorherige Schilddrüsenfunktionstestung erfolgt sei und dass oft Schilddrüsenhormon an Ältere  offenbar ohne exakte Diagnose einer Schilddrüsenunterfunktion verschrieben würde. Und auch, wenn Thyroxin unter gegebener Indikation angesetzt wurde, habe man die Schilddrüsenfunktion nicht überprüft und  gegebenenfalls eine Reduktion oder ein Absetzten nicht erwogen.

Helmut Schatz

Literatur

(1) Thyroxin bei Hypothyreose – absetzen oder nicht? Eine Befragung unter hausärztlich Tätigen.
Z. Allgemeinmed. 100:380-387, 2024

(2) Elena Ghotibi et al.: Poster Discussions II | S3B-SPMS: LEVOTHYROXINE USE AND BONE LOSS IN EUTHYROID OLDER ADULTS: A LONGITUDINAL ANALYSIS FROM BALTIMORE LONGITUDINAL STUDY OF AGING
RNSA Annual Meeting, December 1-5, 2024.

Posted on by Prof. Helmut Schatz
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One Response to Thyroxin-Einnahme kann zu Knochenschwund/Osteoporose führen

  1. Rudolf Hoermann says:

    Im Abstract wird folgendes Ergebnis berichtet: „total body bone density (beta: -0.0014; 95% CI: (-0.002, -0.0006); p < 0.001) over a median follow-up of 6.3 years". Beta erscheint sehr gering – stellt ich die Frage der klinischen Relevanz versus statistischer Signifikanz. Nach Erscheinen der Publikation wird man es vielleicht im Detail besser beurteilen können.

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