Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Vitamin D verringert Rezidive und Mortalität einer p-53-immunoreaktiven Subgruppe von Patienten mit gastrointestinalen Karzinomen


Post-hoc-Analyse der AMATERASU-Studie

Bochum, 5. September 2023:

In einer Subgruppe von Patienten mit gastrointestinalen Tumoren der AMATERASU-Studie (1) fand man die  Rezidivrate und Sterblichkeit  durch Vitamin D gegenüber Plazebo bei denjenigen  verringert, welche p53 -positiv waren, im Unterschied zu den Nicht-p53-immunoreaktiven Studienteilnehmern.(2).

Die AMATERASU-Studie wurde im DGE-Blog 2019 besprochen (3): Es wurden 417 japanische Patienten mit gastrointestinalen Karzinomen von der Speiseröhre bis zum Mastdarm nach der Operation mit 2000 IE Vitamin D pro Tag oder Plazebo randomisiert-kontrolliert  im Mittel 3.5  (2.5  – 5.3) Jahre lang kontrolliert  und rezidivfreies Überleben oder Tod beobachtet: Unter Vitamin  waren 77 % rezidivfrei geblieben oder nicht verstorben,  unter Plazebo 69 % (nicht signifikant).

Jetzt erscheinen die Resultate bei einer Subgruppe der AMATERASDU-Studie (2). Die p53 – immunoreaktive  Subgruppe wurde definiert als positiv für Anti-p53 -Antikörper im Serum (Chemoluminiszenz- Enzymimmunoassay) und Zellkern-Akkumulation von p53-Onkosuppressor-Eiweiss in >99% der Krebszellen (Immunhistochemie). Dies ist als Biomarker für p53-Missense-Mutationen zu werten.

Ergebnisse:

In der p53-positiven Subgruppe (n=80) erlitten unter Vitamin D  neun von 54 Patienten (16.7%) einen Rückfall oder Tod (Abbildung links), unter Plazebo 14 von 26 (53.8%) (Abbildung rechts) . In der Nicht-p53-positiven Subgruppe fand sich zwischen  Vitamin D und Plazebo kein Unterschied

Abbildung (Fig.2 aus Lit. 2)

Kommentar

Das p53-Protein ist ein für die  Kontrolle  des Zellwachstums wichtiger Tumorsuppressor und somit ein Schwerpunkt in der onkologischen Forschung. Das für das p53-Protein kodierende Tumorsuppressor-Gen TP53 erhielt seinen Namen aufgrund seiner Molekülmasse von 53 kDa. Seine intrazelluläre Konzentration steigt bei DNA-Schäden  stark an. In genomisch unauffälligen Zellen ist es hingegen  inaktiv an einen Inhibitor gebunden. Wegen seiner zentralen Rolle bei der Expression von Genen, die an der Regulierung der Apoptose und der DNA-Reparatur beteiligt sind, nannte man  p53 „the guardian of the genome“ („Wächter des Genoms“), (4). P-53-Mutationen findet man bei mehr als  der Hälfte aller Tumorerkrankungen. Diese Patienten sprechen schlechter auf Bestrahlung und Chemotherapie an, da maligne entartete Zellen  nicht mehr durch Apoptose eliminiert werden können. Mutierte p-53-Proteine verursachen also kein Karzinomwachstum, sondern können ein malignes Zellwachstum nicht mehr verhindern.

Im DGE-Blog wurden wiederholt die Ergebnisse der großen prospektiven randomisierten kontrollierten Studien über den Einfluss von Vitamin D auf Herz-Kreislaufleiden und Karzinome referiert. Im unserem Bericht über die VITAL-Studie (5) wird ausgeführt, dass es „ein Signal für einen Rückgang an Krebstodesfällen“ gab. Michael F. Holick  führt in seinem Invited Commentary (6) zu der hier referierten Arbeit diese  Studien und auch eigene frühere Befunde über Sonnenlicht, Vitamin D und Krebs an und kommentiert sie  ausführlich (6). Die jetzt vorliegende Post Hoc Analyse (2)  der AMATERASU-Studie (1) zeigt nun auf, dass Vitamin D einen Nutzen nur bei der p53-immunoreaktiven Subgruppe von Patienten mit Krebs des Verdauungstraktes brachte. Dies liegt auf der Linie der heutigen „Personalisierten Medizin“: Die Studien sollen  – bei aller Kritik an Subanalysen, wie sie etwa Steven Nissen im Zusammenhang mit der VITAL-Studie geäußert hat (5) – die großen, in die Tausende gehenden Teilnehmerkollektive nach ihren individuellen Gegebenheiten differenzieren. Das kann freilich dazu führen, dass die Subgruppen dann sehr klein sind und somit die Aussagekraft  limitieren, wie es die Autoren der referierten Studie auch selbst anführen: „First, this was a post hoc analysis……and the number of patients in the p53-immunoreactive subgroup was very small…“ (1).

Helmut Schatz

Literatur

(1) Mitsuyoshi Urashima et al.: Effect of vitamin D supplementation on relapse-free survival among patients with digestive tract cancers.
The AMATERASU Randomized Clinical Trial. JAMA 2019.321(14):1361-1369. Doi:10.1001/jama.2019.2210

(2) Kazuki Kanno et al.: Effect of Vitamin D Supplements on Relapse or Death in a p53-Immunoreactive Subgroup With Digestive Tract Cancer.
JAMA Network Open. 2023; 6(8):e2328886. doi:10.1001/jamanetworkopen.2023.28886

(3) Helmut Schatz: Vitamin D und Krebs: Widersprüchliche Ergebnisse in zwei Studien
DGE-Blogbeitrag vom 1. Juni 2019

(4) Surget S. et al.: Uncovering the role of p53 splice variants in human malignancy: a clinical perspective.
Onco Targets Ther. 2013. 7: 57-68. Doi:10.2147/OTT.S53876

(5) Helmut Schatz: Weder Vitamin D noch Omega 3-Fettsäuren schützen vor Herz-Kreislaufereignissen oder Krebs: die Ergebnisse der VITAL-Studie.
DGE-Blogbeitrag vom 11. November 2018

(6) Michael F. Holick: Invited commentary. The Death D-Fying Vitamin D3 for Digestive Tract Cancers – The p53 Antibody Connection.
JAMA Netw Open 2023. 6(8):e2328883. Doi:10.1001/jamanetworkopen.2023.28883

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