Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Bei höheren Vitamin D-Spiegeln in der Schwangerschaft erhöhtes Risiko für kindliche Nahrungsmittelallergien


Bochum, 10. März 2013: An 378 Mutter-Kind-Paaren wurde Vitamin D bei der Mutter und im Nabelschnurblut gemessen. War Vitamin D höher, traten in den ersten zwei Lebensjahren mehr Nahrungsmittelallergien auf als bei niedrigeren Werten (1).

Die Untersuchung erfolgte am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung und an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg im Rahmen der LINA-Kohortenstudie (Lifestyle and environmental factors and their Influence on Newborg Allergy risk). Ausgangspunkt war die beobachtete Assoziation zwischen Vitamin D-Rachitisprophylaxe und Anstieg von Nahrungsmittelallergien im 20. Jahrhundert (2). Geburts-Kohortenstudien erbrachten in der Folgezeit widersprüchliche Resultate. Hier sollte die Bedeutung des pränatalen Vitamin D-Status für Nahrungsmittelallergien nach der Geburt untersucht werden.

Der mittlere 25(OH)-Vitamin D-Spiegel der Mütter lag bei 22.10 ng/ml, der im Nabelschnurblut war mit 10.59 ng/ml typischerweise tiefer. Die Werte zeigten untereinander eine hohe Korrelation. Sowohl die mütterlichen als auch die Nabelschnur-Vitamin D-Werte waren positiv mit dem Auftreten von Nahrungsmittelallergien in den ersten zwei Lebensjahren assoziiert. Die für Nahrungsmittelallergene spezifischen Immunglobulin E-Spiegel lagen bei höherem Vitamin D auch höher. Hingegen bestand eine inverse Korrelation zur Zahl der regulatorischen T-Zellen.

Kommentar des Referenten

Auch wenn, wie in der vorliegenden Arbeit geschehen, viele interferierende Faktoren berücksichtigt wurden wie etwa das Vorbestehen einer Atopie bei den Eltern blieb die Grundaussage der Arbeit unverändert. Die gefundene Erniedrigung der regulatorischen T-Zellen im Nabelschnurblut bei höheren Vitamin D-Spiegeln bietet eine pathogenetische Erklärung: Regulatorische T-Zellen sind für die Aufrechterhaltung der Immuntoleranz verantwortlich und eine Erniedrigung würde eine Zunahme von allergischen Reaktionen bedeuten. In einer vorangegangenen Geburts-Kohortenstudie war Vitamin D ebenfalls negativ mit der Anzahl regulatorischer T-Zellen korreliert (3).

Die mütterliche Vitamin D-Spiegel von im Mittel 22.10 (14.40-31.19) ng/ml liegen unter dem Referenzbereich, der von vielen in Deutschland und auch in den USA als „normal“ angesehen wird. Dennoch machen die Daten von Weisse et al. (1) nachdenklich. Die Autoren raten als klinische Folgerung von einer Vitamin D-Substitution in der Schwangerschaft ab, da “niedrige“ Vitamin D-Spiegel nach ihren Resultaten offenbar kein erhöhtes Risiko für das Gedeihen des Kindes nach der Geburt bedeuten. Wichtig erscheint es ihnen zu klären, ob bzw. wie Vitamin D in der Prä- und Neonatalphase Einfluss auf die Programmierung des Immunsystems und auf Atopien im weiteren Leben nimmt.

Helmut Schatz

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Literatur

(1) K. Weisse et al.: Maternal and newborn vitamin D status and its impact on food allergy development in the German LINA cohort study.
Allergy 2013; 68: 220-228. DOI:10.1111/all.12081

(2) M. Wjst et al.: Genes, factor X, and allergens: what causes allergic diseases?
Allergy 1999; 54: 757-759

(3) A. Chi et al.: Umbilical cord plasma 25-hydroxyvitamin D concentration and immune function at birth : the Urban Environmental and Childhood Asthma study.
Clin. Exp. Allergy 2011; 41:842-850

Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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