Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Vitamin D-Spiegel bei familiärer Langlebigkeit niedriger als bei Kontrollen


Bochum, 3. Januar 2013: Die Auswertung von Daten aus der Niederländischen „Leiden Longevity Study“ ergab bei Langlebigkeit niedrigere Vitamin D-Spiegel als für die Kontrollgruppe (1). „Angesichts der vielen positiven Assoziationsstudien über Vitamin D und verschiedene altersbezogene Erkrankungen wie etwa Herz-Kreislaufleiden, Krebs oder Diabetes sprechen unsere Resultate dafür, dass es sich dabei tatsächlich nur um Assoziationen und nicht um kausale Beziehungen handelt“, betonen die Autoren Raymond Noordham et al. (2012).

Die Analyse nahm von Personen im 10. Lebensjahrzehnt (Männer =/> 89 J., Frauen =/> 91 J.) aus 421 Familien der Leidener Langlebigkeitsstudie ihren Ausgang: Es wurden nur Familien untersucht, in denen mindestens zwei hochbetagte Geschwister vorkamen. Um eine valide Kontrollgruppe gewinnen zu können, wurden 1038 Nachkommen dieser Hochbetagten und deren Partner (n=461) studiert. Es wurden die Spiegel von 25(OH)Vitamin D, Parathormon und die Genvarianten (SNP´s), die mit Vitamin-D assoziiert sind, sowie weitere Parameter bestimmt. Die Nachkommen der Hochbetagten wiesen signifikant niedrigere Vitamin D-Spiegel auf als die Kontrollen (64.3 nmol/L gegenüber 68.4 nmol/L, p=0.002). Die Parathormonspiegel waren gleich hoch. Die Kinder der Hochbetagten hatten aber eine niedrigere Frequenz der Genvariante CYP2R1 (rs2060793), p=0.04. Diese prädisponiert zu höheren Vitamin D-Spiegeln (siehe Abbildung 1-3 aus: Noordham et al., Lit. 1).

Kommentar

Vitamin D ist zur Zeit in aller Munde. Engagierten Befürwortern einer breitgestreuten und höher- bis hochdosierten Zufuhr („Substitution“) stehen zur Zurückhaltung mahnende Kollegen/innen und Institutionen gegenüber. Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) hat zu dieser Thematik mehrfach in Pressemitteilungen (2) und Blogbeiträgen (3-5) Stellung bezogen. So wies sie darauf hin, dass im Zeitalter der evidenzbasierten Medizin positive Resultate von Interventionsstudien zu fordern sind. Dies ist für das muskuloskelettale System, insbesondere im Alter der Fall. Für alle anderen möglichen Indikationen liegen zuwenig Ergebnisse aus prospektiven randomisierten kontrollierten Studien vor. Zur Frage des Schutzes durch Vitamin D vor Herz-Kreislauferkrankungen laufen zur Zeit zwei grosse Studien, die erst in einigen Jahren beendet sein werden. In dieser Phase der Diskussion findet die Leidener Studie (1) besonderes Interesse. Hier liegen die Vitamin D-Spiegel bei den Nachkommen von Hochbetagten signifikant unter denen der Kontrollen. Mag die numerische Differenz auch nicht sehr gross sein, so ist Vitamin D jedoch keineswegs höher als bei den Nachkommen von Nicht-Hochbetagten, was zu vermuten wäre, wenn die vielen Assoziationsstudien eine Kausalität im Sinne: „Höheres Vitamin D – weniger Krankheiten und längeres Leben“ anzeigen würden.

Kritiker der Studie bemängeln, dass nicht auch 1,25 Dihydroxy-Vitamin D3 bestimmt wurde, dass die nicht unterschiedlichen Parathormonwerte gegen einen klinisch relevanten Unterschied des 25(OH)Vitamin D sprächen und dass die Vitamin D-Spiegel nicht, wie in der Studie angenommen, in erster Linie von genetischen Faktoren, sondern von Umwelt, Sonnenlicht, Lebensstil und Ernährung abhängen würden.

Literatur:

(1) Raymond Noordam et al.: Levels of 25-hydroxyvitamin D in familial longevity: the Leiden Longevity Study.
Canadian Medical Association Journal, December 2012.vol 184 no 18. online November 5, 2012
http://www.cmaj.ca/content/184/18/E963.full?sid=bfa6da09-ba71-4c96-af66-7f5ccdd
(2) Wirkung einer Vitamin D-Gabe nur bei bestimmten Personengruppen und Patienten gesichert.
Pressemitteilung der DGE vom 25. Januar 2012
(3) Helmut Schatz: Vitamin D zur Sturzprophylaxe älterer Menschen von neuen US-Leitlinien empfohlen.
DGE-Blog-Beitrag vom 1. Juni 2012
(4) Helmut Schatz: Vitamin-D-Gabe in prospektiver, plazebokontrollierter Interventionsstudie über 18 Monate ohne Effekt auf Ersterkrankungen an Pneumonie.
DGE-Blogbeitrag vom 30. April 2012
(5) Helmut Schatz: Niedriger Vitamin-D-Spiegel Folge und nicht Ursache von Depressionen.
DGE-Blog-Beitrag vom 26. Juli 2012

Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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