Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Fünf Maßnahmen bei endokrinologischen Patienten hinterfragt


Bochum, 22. Oktober 2013

Die erste „Choosing wisely” list („Kluge Auswahl“-Liste) der amerikanischen Endocrine Society und der American Association of Clinical Endocrinologists (AACE) gibt fünf Empfehlungen (1):

1.) Keine routinemäßigen, täglich mehrfachen Blutzucker-Selbsttestungen bei stabil eingestellten Typ-2-Diabetikern ohne Hypoglykämie-gefährdende Medikamente

2.) Keine routinemässige 1,25-Dihydroxyvitamin-D–Messung, wenn keine Hyperkalzämie oder eingeschränkte Nierenfunktion vorliegt

3.) Keine routinemässige Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse bei abnormer Schilddrüsenfunktion ohne auffälligen Palpationsbefund

4.) Keine routinemässige Bestimmung des Gesamt-T3 oder freien T3 zur Festlegung oder Kontrolle der Thyroxin-Substitutionsdosis bei Hypothyreose

5.) Keine Testosteronverschreibung ohne biochemischen Nachweis eines Testosterondefizits

Kommentar

Dr. Daniel Einhorn, La Jolla von der AACE betont, dass es sich hierbei um keine Leitlinien handelt (2). Man wende sich aber gegen den in den USA breit propagierten Einsatz von Testosteron, wenn die Spiegel im unteren Referenzbereich seien und die Patienten über Symptome von Stress und Fatigue klagten. Statt der teuren Messung von 1,25-Dihydroxyvitamin D solle 25-Hydroxyvitamin D bestimmt werden. Ein basales TSH sei zur Therapieführung bei Hypothyreose völlig ausreichend. Eingehender geht Dr. Einhorn auf den Schilddrüsenultraschall ein. Er betont, dass man durch einen Knotenbefund viele Patienten verunsichere und dies weitere, oft nicht nötige Diagnostik nach sich ziehe .

Die meisten dieser Punkte treffen wohl auch auf Deutschland zu. Der Referent meint aber, dass gerade bei einer Schilddrüsenüberfunktion und palpatorisch normaler Schilddrüse eine Ultraschalluntersuchung hilfreich sei: Ein echoarmes Muster und, wenn man ein solches Gerät hat, die Hyperperfusion sind für eine Autoimmunhyperthyreose (M.Basedow) typisch. Ein bereits vorliegender oder später eingehender positiver TSH-Rezeptorantikörperbefund bestätigt dies freilich. In der eigenen Praxis wird routinemäßig, wie wohl in der Regel auch sonst in Deutschland, ohnedies nur 25-Hydroxyvitamin D gemessen.

Insgesamt ist es zu begrüssen, wenn man über einen auch kostenmässig rationalen Einsatz von diagnostischen und therapeutischen Massnahmen bei jedem einzelnen Patienten nachdenkt: Choose wisely!

Helmut Schatz

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Literatur

(1) The Endocrine Society and American Association of Clinical Endocrinologists: Five Things Physicians and Patients Should Question.
http://www.choosingwisely.org/wp-content/uploads/2013/10/AACE-TES-5things-List_october2013.pdf

(2) Endocrinologists Issue First „Choosing Wisely“ List.
Medscape Oct. 18, 2013
http:// www.medscape.com/viewarticle/812793_print

Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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