Bochum, 19. März 2019:
Vor 3 Tagen berichteten auf dem Europäische Urologenkongress in Barcelona Jonathan Ramsay und Kollegen unter der Seniorautorenschaft von Lony Vyas vom Imperial College Healthcare NHS Trust in London, dass bei Spermienaspiration aus dem Hoden die DNA-Integrität besser war als bei Spermien aus dem Ejakulat (1). Die 59 Studienteilnehmer mit Infertilität hatten alle eine persistierende DNA-Fragmentation in Spermien aus dem Ejakulat aufgewiesen. Es existierten schon Hinweise, dass eine fehlende DNA-Integrität der Spermien mit Mißerfolgen bei der Implantation und wiederholten Eiabgängen assoziiert ist. Diese betraf meist Einzelstrang-Brüche der DNA. Es sollte jetzt studiert werden, ob Einzel- oder Doppelstrang-Brüche überwogen.
Die Spermienuntersuchung erfolgte mit einem Sperm DNA Assay (SpermComet, Examen) bei den infertilen Männern und bei 79 fertilen Spendern. Fernziel sollte es sein, die Spermienqualität und die Effekte von Einzel- und Doppelstrang -DNA – Brüchen auf das Outcome nach ICSI zu studieren. Alle Teilnehmer hatten sich mit ihren Partnerinnen bereits mindesten zwei erfolglosen ICSI-Prozeduren unterzogen. Die Spermiengewinnung erfolgte nach Behandlung möglicher Infertilitätsursachen einschließlich Infektionen, Varicocele oder oxidativem Stress. Der mittlere Comet Score, der die mittlere DNA-Schädigung in einer Spermienprobe untersucht, betrug in ejaculierten Spermien infertiler Männer 39.9 vs. 14.8 (p<0.001) bei fertilen. Auch in zwei weiteren Damage Scores bestanden diese Unterschiede. Insgesamt war die Spermienqualität in allen drei Tests im Ejakulat der infertilen Männer signifikant schlechter als in den ejakulierten Spermien von Fertilen (p<0.001 für alle Teste). Hingegen fand sich kein Unterschied zwischen durch Aspiration aus den Hoden gewonnenen Spermien infertiler Männer und Spermien aus dem Ejakulat der fertilen Männer.
Kein Unterschied fand sich auch im Comet Score zwischen Einzelstrang-Brüchen allein und Einzel- und Doppelstrang zusammen, obwohl Doppelstrang-Brüche den Hauptanteil an der DNA-Schädigung in testikulären Spermien ausmachten und nur die Hälfte in ejakulierten Spermien.
Kommentar
Es bleibt die Frage, wo die DNA fragmentiert wird. Die Seniorautorin Lona Vyas meinte in der Diskussion des Posters (1), die DNA-Schädigung könnte aus einer feindlichen anatomischen oder physiologischen Umgebung im Genitaltrakt resultieren. Die Co-Moderatorin Marij Dinkelman-Smit aus Rotterdam warnte davor, auf Grund dieser Ergebnisse jetzt die klinische Praxis bei der ICSI zu ändern. Und der zweite Co- Moderator, Suks Minhas aus London meinte, eine Spermiengewinnung aus dem Hoden sollte nur für Männer mit persistierenden DNA-Fragmentierungen reserviert bleiben, bei denen andere Therapien und wiederholte ICSI-Prozeduren erfolglos gewesen seinen.
Grundsätzlich sind zur Spermiengewinnung für eine in-vitro-Fertilisation (IVF) und die ICSI mehrere Verfahren möglich wie mikrochirurgische epididymale Spermien-Aspiration (MESA), testikuläre Spermien-Aspiration oder offene testikuläre Spermien-Extraktion (TESE). Jedes dieser Verfahren hat seine eigenen Risiken und Vorteile, aber bei allen ist bei geeigneter Patientenauswahl das Outcome ähnlich (2).
Helmut Schatz
Literatur
(1) Jonathan Ramsay et al., Abstract 247, European Association of Urology (EAU), 2019 Congress
(2) Eric R. Taylor: Übersicht: Sperm retrieval for IVF/ICSI.
https://emedicine.medscape.com/article/2036812-overview
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