Bochum, 1. April 2019:
Auf dem 62. Deutschen Endokrinologie-Kongress in Göttingen berichtete am 22.3.2019 Nina Neuhaus vom Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie (CeRA) Münster über „Stammzellbasierte Ansätze zum Fertilitätserhalt bei Jungen“. Der Vortrag bezog sich auf die Arbeit von Adetunuji P. Fayomil et al., publiziert in Science 2019 (1), zu dem sie gemeinsam mit Stefan Schlatt, Direktor des Centrums in Münster ein Editorial verfasste (2). Bei Erwachsenen kann man vor Chemotherapie oder Bestrahlungsbehandlung Spermien für den späteren Einsatz kryokonservieren, was bei präpubertären krebskranken Jungen naturgemäß nicht möglich ist. Fayomil und Mitarbeiter implantierten autologes kryopräserviertes Hodengewebe von immaturen Rhesusmakakennn unter die Haut oder das Skrotum der Tiere. Die Autotransplantate wuchsen an, bildeten Testosteron und auch Spermien, mit denen durch ICSI Oozyten fertilisiert werden konnten, die schon zu einer erfolgreichen Schwangerschaft und dem Affenbaby „Grady“ geführt haben. Die Autoren hoffen, dass mit dieser Technik auch die menschliche Fertilität zum Beispiel bei Kindern mit einer Krebserkrankungerhalten werden kann.
Nina Neuhaus und Stefan Schlatt führen im dazugehörigen Editoral aus (2), dass nicht nur Krebsbehandlungen, sondern auch andere gonadotoxische Maßnahmen bei Kindern zum Verlust von spermatogonialen Stammzellen führen können und damit zur männlichen Unfruchtbarkeit. Die Anzahl subfertiler und infertiler Männer würde auch dadurch heute steigen. Die an den Rhesusaffen erfolgreiche proof-of-principle-Studie könnte auch beim Menschen erfolgreich sein, mit der Gewinnung von Spermien zur ICSI, der Intra-Cytoplasmatischen Spermien-Injektion in Eizellen. Nach der Erstbeschreibung dieser Technik 1992 wurde sie weiterentwickelt und ist mittlerweile weltweit akzeptiert, mit der Geburt von hundertausenden Kindern. Für eine ICSI sind nur wenige Spermien nötig, die man hofft, auch beim Menschen durch die oben genannten Ansätze gewinnen zu können. Somit könnte das Autografting von unreifem Hodengewebe eine Option zum Erhalt der männlichen Fertilität werden, meinen Neuhaus und Schlatt.
Kommentar
Das Editorial zu einer wichtigen Science-Arbeit zu schreiben zeigt, welch große Anerkennung die Wissenschaftler des Centrums in Münster weltweit besitzen. Die DGE gratuliert den Autoren. Es ist zu hoffen, dass bald auch über die ersten Erfolge mit dieser Technik am Menschen berichtet werden kann.
Helmut Schatz
Literatur
(1) Adetunji P. Fayomi et al.: Autologous grafting of cryopreserved prepuberal rhesus testis produces sperm and offspring.
Science 22 Mar 2019. Vol. 363, Issue 6433, pp. 1314-1319. DOI: 10.1126/science.aav2914
(2) Nina Neuhaus, Stefan Schlatt: Stem cell – based options to preserve male fertility. Science 22 Mar 2019.
Vol.363, Issue 6433, pp. 1283-1284. DOI: 10.1126/science.aav6927
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