Bochum, 25. März 2016:
In der Neurochirurgie Hamburg-Eppendorf beantworteten 54 von 98 der zwischen 2008 und 2012 dort operierten Cushing-Patienten drei verschiedene Fragebögen über die Lebensqualität. Im Vergleich zu den alters- und geschlechtsspezifischen Scores waren die Ergebnisse bei den Cushing-Patienten eingeschränkt, besonders stark bei den 8 der 54 Patienten, die durch den Ersteingriff nicht in Remission gekommen waren (1).
Die Zeit zwischen dem Eingriff und Fragebogenaktion lag zwischen 1 und 6 J., im Durchschnitt bei 3 J. Verwendet wurden SF-36 (Short Form (36) Health Survey), BDI (Beck-Depression-Inventory) und Tuebingen CD-25 ( Tuebingen Cushing´s Disease Quality of Life Inventory). SF-36 erfasst Vitalität, Körperschmerz, Gesundheitsgefühl, körperliche, emotionale und soziale Funktionen sowie weitere Parameter des allgemeinen Gesundheitsstatus. BDI mißt krankheitsbezogen die Schwere der depressiven Symptome. Tuebingen CD-25 ist Cushing-spezifisch und erfasst Depression, sexuelle Aktivität, Umfeld, Eßverhalten sowie Einschränkungen von körperlichen Funktionen und Kognition.
Ergebnisse:
Diese zeigen die 2 Abbildungen aus dem Offiziellen Organ der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie, Exp.Clin. Endocrinol. Diabetes:
Fig. 1: Comparison of the extent of impairment according to the SF-36 between active patients and patients in remission.
Fig. 2a: Grading of the severity of depression according to the BDI in all Cushing’s disease patients.
Fig. 2b: Comparison of the extent of depressive symptoms according to the BDI between active patients and patients in remission.
Kommentar
Einschränkungen der Lebensqualität von Cushing-Patienten, unterschiedlich zu anderen Hypophysenadenomen (2), sind schon lange bekannt und wurden vielfach untersucht, wie die Autoren auch eingangs ausführen (1). Sie wurden sowohl vor Therapie als auch, zum Teil lebenslang, nach endokrinologisch erfolgreicher Behandlung gefunden, sowohl somatisch als auch neuropsychiatrisch. In der vorliegenden Arbeit sollten diese Einschränkungen näher spezifiziert werden und vor allem, ob ein Unterschied zwischen den hormonell normalisierten Cushing-Patienten und denen, die nicht in Remission gekommen waren, besteht. Auf der 1. Abbildung kann man erkennen, dass bei allen Cushing-Patienten im SF-36 bei etwa einem Drittel die Lebensqualität – somit auch nach erfolgreicher Operation – in sämtlichen der erfassten Funktionen eingeschränkt war, besonders ausgeprägt aber bei denen, deren Krankheitsprozeß nach dem Eingriff aktiv geblieben war. Abbildung 2a und 2b (BDI) zeigen, dass depressive Symptome vor allem bei ausgebliebener Remission besonders ausgeprägt waren. Im Tuebingen CD-25 (hier ohne Abbildung) waren die körperlichen und kognitiven Einschränkungen am stärksten eingeschränkt. Die Unterschiede auch weiterer Parameter wie Depression, Geschlechtsaktivität u.a. bestanden unabhängig vom Operationserfolg, wenn diese auch zufolge der Fallzahlen (44 vs. 8) ohne statistische Signifikanz waren.
Die Autoren fordern daher, Cushing-Patienten nicht nur rein endokrinologisch, sondern auch psychiaterisch/psychologisch, somit interdisziplinär zu behandeln. Man sollte auch dafür Sorge tragen, dass sie sich rasch Cushing- Selbsthilfegruppen anschliessen, etwas durch Aushändigung von Informationsbroschüren mit Adressen.
Helmut Schatz
Literatur
(1) S. Nader et al.: Health-related quality of life in patients after treatment of Cushing´s disease.
Exp. Clin. Endocrinol. Diabetes 2016. 124:187-191
(2) A.H. Heald et al.: Long-term negative impact on quality of life in patients with successfully treated Cushing´s disease.
Clin. Endocrinol. (Oxf) 2004. 61:458-465
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Es beruhigt mich ein wenig,zu hören,dass Cushingpatienten auch nach erfogreicher OP (meine wurde im Sept.2014 in HH Eppendorf durchgefühert)noch leiden.Es gibt schon kurze Zeitabschnitte in denen ich mich recht gut belastbar und relativ kräftig fühle.Die wirklich schlechten Phasen sind auch wesentlich lebbarer geworden,aber insgesamt wünsche ich mir für eine 69jährige schon eine bessere Lebensqualität.Letzte Laborwerte (15.04.16)ergaben:ACTH-EDTA-Plasma=34,4 ng/l und Cortisol 297nmol/l – fühlt sich aber ganz anders an.
Nach der OP hat sich meine Tochter zwar viel besser gefühlt, das Leben wird jedoch nie mehr, wie es vor der Erkrankung war. Vom merkbaren Ausbruch der Erkrankung bis zu endgültigen Diagnose sind fast 3 Jahre vergangen und dadurch hat der Körper einigen Schaden genommen. Die Schlaflosigkeit z.B. ist geblieben, Blutdruck ist zeitweise immer noch zu hoch, Osteoporosebeginn mit erst 30 Jahren, das Vertrauen in die Funktion des eigenen Körpers wird nie mehr hergestellt werden, stetiger Kampf gegen Gewichtszunahme Trotz Ernährungsumstellung etc., unangenehme „Herzstolperer“ sind geblieben, zeitweise immer noch Tachycardien ohne ersichtlichen Anlass, nächtliche Schweissausbrüche (wie im Klimakterium) zeitweise, seit der OP immer wieder Sinusitis, keine Abwehr mehr gegen Ingektionen jeglicher Art, ist nicht mehr so belastbar, wie vor der Erkrankung (weder physisch noch psychisch). In der Zeit von Erkrankunsbeginn bis zur Diagnosestellung haben die Patienten einiges zu erleiden. Nicht nur die Ungewissheit ist quälend sondern zusätzlich noch die Tatsache, dass die meisten am Arbeitsplatz aufgrund ihrer krankheitsbedingten Ausfälle von Arbeitgeber und Kollegen gemobbt werden. Kurz und gut, der Morbus Cushing und der verzögerte Beginn der Behandlung haben ihre Lebensqualität zerstört.
Sehr geehrte Frau Höpperger-Schelling, danke für den Bericht über Ihre Tochter. Sie belegen damit grundsätzlich die Aussage der referierten Arbeit. Nicht alle der Beschwerden Ihrer Tochter sind wohl aber auf den Zustand nach behandeltem Cushing zurückzuführen. Wenn nicht schon erfolgt, sollte sie sich einer Cushing-Selbsthilfegruppe anschließen.
Sehr geehrter Herr Prof. Schatz, ich bedanke mich für Ihre Antwort und möchte noch hinzufügen, dass bei meiner Tochter auch das PCO-Syndrom besteht, welches natürlich auch noch eine Rolle spielt. Sie leidet z.B. seit Jahren bzw. Jahrzehnten (also schon vor der Diagnosestellung Morbus Cushing) an tiefen und schmerzhaften Abszessen, vor allem in Inguinal-Bereich und im Bereich des Gesäßes.
Ich gehe davon aus, dass die Tochter wegen des
PCOS antiandrogen behandelt wird, was eine Akne zumindesr bessert. Die schweren Abszesse, die Sie beschreiben, können auch andere Ursachen haben. Gehen Sie, wenn nicht schon geschehen, zu einem Dermatologen.Helmut Schatz
Ich komme zurück auf meinen Beitrag von 2016.Inzwischen sind weitere 2Jahre vergangen.Mein Befinden hat sich erlfreulicher Weise weiter verbessert.Es quälen mich(vor allem nachts)keine Ausraster inpunkto Blutdruck und Herzfrequenz mehr,Ängstlichkeit /Panikattacken habe ich weitgehendst im Griff.Keine tiefen Entzündungen mehr,Akne hat sich stark verbessert.Hirsutismus ist vollsändig rückgängig.Muskeln sind längst nicht mehr so verspannt,Faszien nicht mehr so verklebt.Kräftemässig bin ich wieder besser belastbarbeweglich,Gleichgewicht ist stark verbessert.Osteoporose ist teilweise verbessert und ich hoffe,nicht doch noch Bisphosphonate nehmen zu müssen.Gesamtstoffwechsel ist verbessert,habe trotz IPMN (Zufallsbefund 2017)wieder zugenommen. Ich habe eine sehr belastende Zeit hinter mich bringen müssen und hätte mir mehr Aufklärung und Unterstützungen gewünscht.