Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Metabolisch-reproduktives Syndrom – neuer Name für das PCO-Syndrom vorgeschlagen


Bochum, 1. Juli 2016:

Auf dem 76. Kongress der Amerikanischen Diabetes-Gesellschaft (ADA) 2016 in New Orleans wurde von Andrea Dunaif von der Universität Chicago für das Syndrom der polycystischen Ovarien (PCOS) der Name “Metabolisch – reproduktives Syndrom (MRS)“ vorgeschlagen. Dies wurde damit begründet, dass bei vielen PCOS-Patientinnen keine Eierstockszysten nachweisbar seien, und umgekehrt jede 3. bis 4. Frau Zysten in den Ovarien ohne jegliche Störung aufweise. Man erhofft sich von diesem Namen ein verstärktes Interesse vor allem der Forschung über diese häufige endokrine Störung.

Primär soll nicht auf Ovarialzysten geachtet werden, sondern auf eine Adipositas und eine Insulinresistenz, auf Fertilitätsstörungen und ein verändertes Muster der Gonadotropine mit dem klinisch-diagnostisch wichtigen Verhältnis des Luteinisierunghormons zum Follikelstimulierenden Hormon, den LH/FSH-Quotienten. Dadurch kommt es zu einer gestörten Ovarialfunktion. Die Testosteronproduktion in den Thekazellen der Ovarien steigt, getrieben vom hohen Insulinspiegel an, wird aber nur ungenügend zu Östrogenen umgewandelt. Die erhöhten Androgene können Androgenisierung mit Akne und Hirsutismus bewirken.

Für das PCOS/MRS fehlen dafür zugelassene Medikamente. Auch das heute breit als Therapeutikum der 1. Wahl eingesetzte Metformin besitzt keine behördliche Zulassung für diese Indikation, so dass es off-label eingesetzt wird. Freilich besteht oft eine Adipositas mit Typ-2 – Diabetes mellitus, wofür es lizensiert ist. Für die im Vordergrund stehende Absenkung von Gewicht und Insulinspiegel lassen sich heute neben Metformin auch GLP-1-Analoga (Liraglutid, Saxenda®) und die bariatrische Chirurgie einsetzten. Dadurch sinkt auch der Testosteronspiegel und die Androgenisierungserscheinungen gehen zurück.

Andrea Dunauf wies darauf hin, dass das MRS / PCOS in recht hohem Ausmaß erblich ist, Bei eineiigen Zwillingen betrage das Risiko für den zweiten 70%, bei Schwestern von Betroffenen 40%, während es in der Allgemeinbevölkerung bei 7% liegt. Es gäbe, wie sie in New Orleans ausführte, dafür nicht ein spezifisches Gen, und unter den überprüften etwa 160 Kandidaten-Genen liessen sich keine besonders wichtigen finden. Man warte jetzt auf das Ergebnis von Genom-weiten Assoziationsstudien.

Helmut Schatz

Literatur

(1) Amerikanische Diabetes-Gesellschaft (ADA): 76. Kongress, New Orleans, 9.-14. Juni 2016

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Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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