Bochum, 1. August 2014:
Ulrich Pfeiffer et al. vom Forschungszentrum Jülich zeigten mit einer ausgefeilten, neuen Technik zur Blickerfassung, dem „gaze contingent eye tracking“ und der Magnetresonanztomographie, dass soziale Interaktionen wie Blickkontakte das Belohnungssystem im Gehirn aktivieren, nicht aber die Bedienung von Maschinen (1).
Die Schwierigkeit beim „Neuroimaging“ durch die Magnetresonanztomographie liegt in der eingeschränkten Bewegungsfreiheit der Probanden. Den Jülicher Forschern gelang es, mit ihrer neuen Methode die schon längere Zeit gehegte Annahme zu belegen und sichtbar zu machen, dass soziale Interaktionen das Belohnungssystem, insbesondere das ventrale Striatum und den medialen orbitofrontalen Kortex anregen.
Kommentar
Das Belohnungssystem im Gehirn dient dazu, den Fortbestand der Spezies zu sichern. Bekannt ist, dass es durch Sex, Essen und soziale Kontakte aktiviert wird. Es wird über Vermittlung von verschiedenen Neuropeptiden wie etwa dem NPY / NPF (Neuropeptid F) oder auch Dopamin beeinflusst. Der DGE-Blogbeitrag vom 22. März 2012 (2) beschrieb ein Experiment an Fruchtfliegen, das zeigte, dass männliche Fliegen über eine Erniedrigung von NPF durch Sexentzug alkoholhaltige statt ihrer sonst üblichen Nahrung frassen (3). Das Belohnungssystem kann nämlich auch bei Sucht durch Drogen wie etwa Alkohol aktiviert werden. Jetzt haben die Jülicher Forscher beim Menschen demonstriert, dass soziale Interaktionen gegenüber dem Bedienen von Computern und Maschinen unterschiedliche Wirkungen im Gehirn hervorrufen. Betrachtet man die „Handy-Generation“, welche statt persönlicher Gespräche in der Pause auf dem Schulhof fast immer das Mobiltelefon am Ohr hatte, so wäre interessant herauszufinden, ob es einen Unterschied in der Gehirnaktivierung gibt, wenn man jetzt mit einem Handy nicht nur telefoniert, sondern auch den Gesprächspartner auf einem Bildschirm sehen und mit ihm visuell kommunizieren kann.
Helmut Schatz
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Literatur
(1) Ulrich J. Pfeiffer et al.: Why we interact: On the functional role of the striatum in the subjective experience of social interaction.
Neuroimage 2014. 101: 124-137. DOI: 10.1016/j.neuroimage.2014.06.061
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1053811914005382
(2) Helmut Schatz: Sex-Entzug erhöht Alkoholaufnahme bei Fruchtfliegen.
DGE-Blog-Beitrag vom 22. März 2012
(3) G. Shohat-Ophrir et al.: Science 2012. 335:1351-1355
Noch interessanter wäre zu wissen, inwieweit durch die Kommunikation, von Face to Face, die Gehirnaktivität zu nimmt. Erst durch das Erleben von Mimik und Gestik mit den passenden Erinnerungen und Gefühlen entwickelt ein ganzheitliches Bild. Das persönliche Erleben müsste so gesehen eine größere Synapsenaktivität zur Folge haben.