Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Bei Basedow-Hyperthyreose vor Behandlung stets weisses Blutbild prüfen: Einer von sieben Patienten weist eine Neutropenie auf, die sich unter Thyreostatika normalisiert


Bochum, 22. Februar 2017:

Aggarwal et al. untersuchten in einer prospektiven Studie von August 2010 bis 2014 konsekutiv 206 Patienten mit frisch diagnostiziertem Morbus Basedow und fanden im Blutbild noch vor Beginn jeglicher Therapie in 1 von 7 Fällen (14.1%) eine Neutropenie  (<2×109/L). Diese normalisierte sich in allen Fällen, wenn unter Thyreostatika eine Euthyreose erreicht wurde (1).

Eine initiale Neutropenie fand sich häufiger bei Nicht-Kaukasiern (Südasiaten, Chinesen und Arabern) sowie bei Patienten mit hohen Schilddrüsenhormonspiegeln. Die Autoren weisen auf die Wichtigkeit einer Bestimmung der Blutneutrophilen hin, damit man nicht die Ursache einer Neutropenie nach Beginn einer antithyreoidalen Behandlung in den Thyreostatika sieht.

Kommentar

Vereinzelt und in kleinen Serien wurde eine Neutropenie bei Morbus Basedow  schon beschrieben (2,3), nicht jedoch in einer grösseren, prospektiven Studie wie dieser. Betont muss werden, dass es sich hier um milde Neutropenien gehandelt hat, nicht um Agranulozytosen oder schwere Neutropenien. Auf diese ist vor allem zu Beginn einer antithyreoidalen Therapie sorgfältig zu achten. Später können sich unter Thyreostatika mildere Neutropenien einstellen. Über die Mechanismen dieser schon vor Therapie nicht selten nachweisbaren milden Neutropenien gibt die Studie keine Auskunft. Die Autoren diskutieren als Ursache ältere Befunde von antineutrophilen Antikörpern (4,5) oder eine reduzierte Granulopoese bei verminderter Granulozytenreserve des Knochenmarks (6).

Facit: Immer sofort auch die weissen Blutkörperchen bestimmen; das dürften unsere Kolleginnen und Kollegen aber wohl ohnedies immer tun!

Helmut Schatz

Literatur

(1) N.Aggarwall et al.: Treatment of hyperthyroidism with antithyroid drugs corrects mild neutropenia in Graves´ disease.
Clin Endocrinol 2016; 85(6)949-953

(2) D.S. Cooper : Antithyroid drugs.
New Engl J Med 2005. 905-917

(3) W.J. Irvine et al.: Peripheral blood leucocytes in thyrotoxicosis (Graves´s disease) as studied by conventional light microscopy.
Clin Exp Immunology 1977; 27:216-221

(4) A.S. Weizman et al.: Antineutrophil antibodies in Graves´s disease. Implications of thyrotropin binding to neutrophils.
J Clin Invest 1985; 75:119-123

(5) E.M. Kyritsi et al.: High frequency of thyroid disorders in patients presenting with neutropenia to an outpatient hematology clinic STROBE-compliant article.
Medicine (Baltimore) 94:e886

(6) A. Ponassi et al.: Disorders of granulopoiesis in patiens wirth untreated Graves´s disease.
Acta Hematologica 1983. 70:19-23

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Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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