Bochum, 4. Mai 2013:
Die Gehirnregion, welche Wachstum, Reproduktion und Stoffwechsel kontrolliert, induziert offenbar auch Alterungsprozesse. Dies zeigt eine Arbeit in Nature online vom 1. Mai 2013 (1). Dongsheng Cai vom Albert Einstein College of Medicine in New York und Mitarbeiter beobachteten im Hypothalamus von alternden Mäusen eine höhere Aktivität von NF-kappa-ß, einem Kernfaktor, welcher die Transskription von DNS kontrolliert und bei Inflammation und Stressantwort des Körpers beteiligt ist.
Die Tiere lebten länger, wenn ihnen eine Substanz injiziert wurde, welche die NF-kappa-ß – Aktivität in den Immunzellen des Hypothalamus, der Mikroglia hemmte. Wurde hingegen die NF-kappa-ß – Aktivität stimuliert, starben sie früher. Nach Hemmung waren die Tiere bei Testung des Wahrnehmungsvermögens und der Beweglichkeit leistungsfähiger als die Kontrolltiere. Es fand sich eine geringere Abnahme der Muskelkraft, der Hautdicke, der Körpermasse und der Funktion des Schwanzes. Bei Tieren hingegen, denen NF-kappa-ß stimuliert wurde, beobachtete man eine stärkere alterungsbedingte Abnahme dieser Parameter. Zwischen männlichen und weiblichen Ratten bestand kein Unterschied.
Auch bei mittelalten Tieren bewirkte eine Unterdrückung des Enzyms IKK-ß, welches NF-kappa-ß aktiviert, in der Mikroglia des Hypothalamus eine geringere altersgemäße Reduktion geistiger und körperlicher Leistungfähigkeit. Wurde IKK-ß in allen Hirnregionen supprimiert, wurde die mittlere Lebensspanne der Tiere um 23% verlängert, die maximale um 20 %. Interessanterweise wirkte Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH) als Gegenspieler von NF-kappa-ß. GnRH-Injektion verzögerte den Alterungsprozess und triggerte das Wachstum neuer Hirnzellen.
Kommentar
David Sinclair, ein Molekularbiologe der Harvard School of Medicine in Boston, sprach von einem „major break-through in ageing research“. Besonders wichtig sei der Befund, dass Blockade von NF-kappa-ß auch im mittleren Lebensalter der Tiere noch einen Anti-aging – Effekt aufwies. Terrence Town von der University of Southern California, Los Angeles schrieb in einer E-Mail an das Alzheimer Research Forum: „This work places microglia in the epicenter of the aging process. ….This neuroinflammatory pathway has obvious implications for Alzheimer´s Disease“ (2). Es ist zu hoffen, dass die Befunde von Dr. Cai und Mitarbeitern zu einer Behandlungsoption beim Menschen führen werden, um altersbezogene Krankheiten, denen eine Inflammation zugrunde liegt, zu verhindern oder zu verzögern, wie eben Morbus Alzheimer, aber auch Diabetes oder Arthrose (Osteoarthritis).
Helmut Schatz
Bitte kommentieren Sie diesen Beitrag (nach unten scrollen ! )
Literatur
(1) G. Zhang et al.: Hypothalamic programming of systemic ageing involving IKK-ß, NF-kappa B and GnRH.
Nature. 2013 May 1. Abstract
(2) Alzheimer Research Forum, News, 3 May 2013: Do Microglia in the Hypothalamus Drive Aging?
http://www.alzforum.org/new/detail.asp?id=3481
Die große Bedeutung dieser Befunde insbesondere für die Prävention und auch Therapie von altersassoziierten Krankheiten mag man daran erkennen, dass auch grosse Tageszeitungen wie etwa DIE WELT oder BERLINER MORGENPOST am Freitag, 10. Mai 2013 auf ihren Titelseiten in mehrspaltigen Artikeln darüber berichtet haben.
Gesund alt werden durch richtiges Essen – ein neue, holistische Analyse
Bis zur Anwendung einer Hemmung von NF-kappa-ß beim Menschen kann man nach einer neuen Studie ein höheres Alter mit weniger Krankheiten durch entsprechende Kost im mittleren Lebensabschnitt erzielen. T. Akbaraly et al. berichten im Am.J Med. 126:411-419.e3, May 2013 über eine Analyse von knapp 9000 Teilnehmern der Whitehall II – Kohorte zum Essverhalten in den Jahren 1991-1993 und deren späteren Gesundheitszustand und das erreichte Alter 2007-2009 (Western-type diet oder Healthy- foods, eingerstuft mit einem Alternative Healthy Eating Index AHEI). „Gesundes Essen“, quantifiziert mit dem AHEI im mittleren Lebensalter war mit höherem Lebensalter sowie weniger kardiovaskulärem und nicht-kardiovaskulärem Tod assoziiert. „Gesundes Altern“, mit guter kardiovaskulärer, metabolischer, muskuloskelettaler, respiratorischer und kognitiver Funktion erscheint danach durch „gesunde Kost“ möglich zu sein.