Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Das Bahaitum


Zum Weihnachtsfest 2020

Wien und Bochum, im Dezember 2020:

Es ist schon zur Tradition geworden, dass sich zum Weihnachtsfest der Christenheit der letzte Blogbeitrag des Jahres mit einer der nichtchristlichen Religionen der Welt befasst. Waren es zuvor der Buddhismus, das Jesidentum und im Jahre 2019 der Sikhismus, so soll es 2020 das Bahaitum sein.  Dieses wurde vor etwa 150 Jahren in Persien gegründet. Mittlerweile gehören der Religionsgemeinschaft weltweit etwa  7-9 Millionen Gläubige an. Der Referent (H.S.) und Klaus Ehrenberger, der Verfasser des unten abgedruckten Beitrags, kennen  persönlich einen Arzt in Wien, der, in den 1960er Jahren mit H.S. gemeinsam an der II. Med. Univ.-Klinik Wien zum Internisten ausgebildet,  ein Bahai ist. Und in Graz  wohnt über dem Referenten im 2. Stockwerk eine Bahai-Familie, deren drei Generationen übergreifende Angehörige mit weiteren Bahai-Bekannten ein eindrucksvolles, enges Gemeinschaftsleben pflegen.

Von Touristen vielbesucht  ist der Lotustempel der Bahai in Neu-Delhi (siehe Abb.1, aus Wikipedia), einer von mehreren Tempeln auf der Welt.

Für das religiöse Leben der Bahai sind es „Häuser der Andacht“, in denen sich die Gemeinde der Gläubigen versammelt.

Abb. 2: Lagekarte der Häuser der Andacht: Grün Staaten mit einem Haus der Andacht, • Städte mit einem Haus der Andacht, Rot Ehemaliges erstes Haus der Andacht in Turkmenistan, damals Russisches Kaiserreich, Hellgrün Geplante oder im Bau befindliche Häuser der Andacht.

Bahai-Gemeinden mit insgesamt etwa 7-9 Millionen Gläubigen existieren in  ~190 Ländern der Welt.

Zentrum für die etwa 6.000 registrierten Bahai in Deutschland – und auch für den Europäischen Kontinent  – ist der Tempel in Hochheim-Langenheim im Taunus  nahe Frankfurt am Main. (siehe oben, Abb. 3, aus: katholisch.de). Im Brockhaus wird für das Jahr 2007 eine Zahl von insgesamt ~12.000 Bahai in Deutschland genannt. Die Österreichische und die Schweizer Bahai-Gemeinde zählen  je ~1.200 Mitglieder.

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Aus der Welt der Bahai

Von Klaus Ehrenberger, Wien

Die Einheit Gottes, die mystische Einheit der Propheten und die Einheit der Menschheit sind die drei Grundpfeiler der Lehre des persischen Religionsstifters Baha’ulla (1817 – 1892), des Begründers der Universalreligion der Bahai.

Gott ist der Herr aller Religionen. Die Unterschiede zwischen den Offenbarungen der Propheten von Zarathustra über Moses, Christus, Mohammed bis Baha’ulla, der sich als Prophet sah, seien historisch bedingt als Ausdruck unterschiedlicher Bedürfnisse im Laufe der Zeiten. Die Welt entstand nicht durch einen einmaligen Schöpfungsakt, sondern es findet ein ständiger Entwicklungsprozess statt, der dem freien Willen des transzendenten Gottes unterliegt. Daher sind weitere Offenbarungen zu erwarten, die zukünftigen Entwicklungen gerecht werden.

Allumfassende, ethisch fundierte, praxisorientierte Nächstenliebe sichert die Einheit der Menschheit und den Frieden. Wissenschaft und Vernunft fördern diese Einheit.  Religionen erklären darüber hinaus Zusammenhänge, die jenseits des wissenschaftlich Erfahrbaren liegen. Religion und Wissenschaft müssen sich ergänzen. Religion ohne Wissenschaft ist Aberglaube, Wissenschaft ohne Religion Materialismus.

Die Einübung dieser Prinzipien der Universalreligion der Bahai erfolgt in Andachtsversammlungen und Studienkreisen, bei denen Texte der heiligen Schriften der Bahai, aber auch anderer Religionen gelesen, rezitiert und diskutiert werden. Die aus den heiligen Texten gewonnenen Inspirationen sollen zu gemeinsamen Handlungen zum Wohle der Menschheit führen.

Es gibt keine zeremoniellen Gottesdienste, keinen religiösen Klerus und keine festgelegten Rituale für Gebete. Jeder Bahai muss für sich selbst die Wahrheit entdecken und die daraus abzuleitenden Erkenntnisse wachhalten zum Wohle seiner unsterblichen Seele im Jenseits.

Im türkischen Exil schrieb Baha’ulla einen Großteil seiner Offenbarungen im Kitab-i-Aqdas, dem heiligsten Buch, nieder. Dieses Buch, 1873 erschienen, bildet eine der Hauptgrundlagen für Religionsgesetze und Gemeindeordnungen der Bahai.

Obwohl 150 Jahre alt, sind die Anweisungen der heiligen Schriften erstaunlich „modern“: sie könnten geradezu als Vorlage für die Abfassung der Organisationsstrukturen von Menschenrechtsorganisationen, Entwicklungshilfswerken, Sozialeinrichtungen  aller Art und NGOs dienen. Das macht wohl auch die Anziehungskraft dieser liberalen, wissenschaftsbejahenden und fortschrittsfreudigen Universalreligion aus, deren Mitgliedzahl – verstreut über die ganze Welt – stetig zunimmt und derzeit auf ca. 9 Millionen Anhänger angestiegen ist.

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Ein frohes Weihnachtsfest,  und für das Neue Jahr unsere besten Wünsche!

Klaus Ehrenberger, Wien

Helmut Schatz, Bochum

 

Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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Eine Antwort auf Das Bahaitum

  1. Neysan Rohani, Graz sagt:

    Unter den Angehörigen der Bahá’i sind in Österreich und Deutschland viele Ärzte. In Österreich machen sie knapp 10% unserer Gemeinde aus.

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