Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Meningeome unter dem Antiandrogen Cyproteron – Sicherheitsmaßnahmen der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA)


Bochum, 17. Februar 2020:

Das antiandrogen wirkende synthetische Progesteron-Derivat Cyproteron wird  als Monotherapie (Androcur als Tbl. zu 10 und 50 mg, als Depotinjektionslösung zu 300 mg) und in Kombination mit Östrogenen breit eingesetzt wie etwa Diane-35 (2 mg Cyproteronacetat und 0.035 mg mg Ethinylestradiol). Schon länger gibt es Hinweise auf ein erhöhtes Risiko der Entstehung von Meningeomen. Die EMA prüft zur Zeit  die Daten.   Insbesondere unter höher- bis hochdosiertem Cyproteron besteht eine besondere Gefährdung.  Seit etwa 10 Jahren findet man deshalb die Meningeome unter den  Nebenwirkungen in den Packungsbeilagen angeführt. Bis zum Abschluss der laufenden Überprüfung empfiehlt der EMA-Ausschuss für Risikobewertung (PRAC)  der Ärzteschaft die Beachtung folgender Hinweise (1):

– Meningeome wurden bei mehrjähriger Pharmakotherapie mit täglich ≥ 25 mg Cyproteron gesehen.

– Medikamente, die 10 mg oder mehr Cyproteron enthalten, sollten nur bei Hirsutismus, androgenetischer Alopezie, Akne und Seborrhoe eingesetzt werden, wenn andere Behandlungsoptionen wie niedrig dosierte Cyproteron enthaltende Medikamente nicht wirken.

– Nach klinischer Besserung sollte die Menge schrittweise auf die niedrigste wirksame   Dosis verringert werden.

– Cyproteron-Medikamente sollten bei Männern nur dann zur Verringerung ihres Sexualtriebs eingesetzt werden, falls andere Therapien ungeeignet sind.

– Ärzte sollten Patienten auf klinische Anzeichen eines Meningeoms überwachen. Die Symptome können unspezifisch sein und folgende Symptome umfassen: Veränderungen im Sehvermögen, Hörverlust oder Ohrensausen, Geruchsverlust, Kopfschmerzen, die sich mit der Zeit verschlimmern, Gedächtnisverlust, Krampfanfälle oder Schwäche in den Extremitäten.

– Über diese Beschwerden sind Patienten zu informieren mit dem Hinweis, umgehend ihren Arzt aufzusuchen.

– Falls bei einem mit Cyproteronacetat behandelten Patienten ein Meningeom diagnostiziert wird, muss die Pharmakotherapie gestoppt werden. Der Wirkstoff ist generell, auch nach der Therapie des benignen Tumors, kontraindiziert.

– Auch Cyproteronacetat (1 und 2 mg)  in Kombination mit Ethinylestradiol (etwa Diane-35) oder Estradiolvalerat ist bei Patienten mit einem Meningeom kontraindiziert.

– Es gibt keine Änderung in der Anwendung von Cyproteron beim Prostatakarzinom. Das Medikament wird zur Antiandrogen-Therapie bei inoperablem Prostatakrebs eingesetzt, auch zur Verhinderung von Nebenwirkungen wie Hitzewallungen oder Schweißausbrüchen beim Einsatz von LH-RH-Agonisten.

Im Rahmen der laufenden Überwachung der Sicherheit der Medikamente müssen Unternehmen, die Medikamente mit ≥ 10 mg Cyproteron auf den Markt bringen, Maßnahmen ergreifen, um das Bewusstsein von Ärzten für mögliche Risiken zu verbessern.

Dies soll auch durch diesen Blogbeitrag geschehen.

Helmut Schatz

Literatur

(1) Michael van den Heuvel: EMA schränkt Anwendung von Cyproteron nach neuen Sicherheitssignalen ein: So kann der Wirkstoff noch eingesetzt werden.
https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4908630?nlid=134028…

Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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