Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Thyroxin 1x wöchentlich bei thyroxinresistenter Hypothyreose besser wirksam als tägliche Gabe


Bochum, 17. Januar 2020:

Im Journal der Endocrine Society erschien Ende des vorigen Jahres (1) eine Arbeit aus Indien, die seit Februar 2017 in einer open-label – prospektiven Studie 65 Patienten mit thyroxinresistenter Hypothyreose 2 Jahre lang untersuchte. Es wurde gefunden, dass 1x wöchentlich hochdosiertes Thyroxin (T4, Once Weekly Thyroxine, OWT) die TSH-Werte signifikant besser senkte als eine tägliche Gabe morgens nüchtern etwa 1 Stunde vor dem Frühstück (Standard Daily Thyroxine, SDT).

PatientInnen mit Non-Compliance, Resorptionsstörungen oder mit der Resorption von Thyroxin interferierenden Erkrankungen und Medikamenten einschließlich  Kalzium und Eisenpräparaten wurden nicht in die Studie aufgenommen. Trotz einer täglichen Dosis von etwa 150 bis >300 µg T4 lag deren TSH weiter über 10 mE/l. Die mittlere tägliche Thyroxindosis vor Aufnahme in die Studie hatte 265,2 +/- 143.8 µg/Tag (4.37 +/- 2.48 µg/kg/Tag) betragen.

Mit dementspechend hoch dosiertem T4 erreichten stationär 26 von 34 PatientInnen mit OWT  und 4 von 18 mit SDT  einen angestrebten TSH-Wert von <10 mE/l (p<0.05).Während der Verlaufsbeobachtung zuhause verblieb der TSH-Wert in der OWT-Gruppe nach 12 Wochen bei 15 von 25 PatientInnen und nach im Mittel 25 Monaten bei 19 von 23 unter dem Zielwert von 10 mE/l (siehe Abbildung ans Lit.1). T4-Resorptionsmessungen zeigten nicht an, wer auf die 1x wöchentliche Gabe ansprach und wer nicht. Unterschiede in unerwünschten T4-Nebenwirkungen wie etwa Tachykardien oder andere Herzprobleme fanden sich nicht.

Abbildung (aus Lit. 1): TSH im Verlauf unter 1x wöchentlich hochdosiertem T4 (OWT)

Kommentar

Wenn die Autoren auch beschreiben, dass, erfasst mit regelmäßigen Fragebogenaktionen, eine Non-Compliance nicht vorgelegen hätte, so kann diese dennoch – aus eigener Erfahrung während eines halben Jahrhunderts  – als Ursache für die besseren Ergebnisse mit der 1x wöchentlichen gegenüber der täglichen Thyroxingabe nicht völlig ausgeschlossen werden. Im Speziellen haben Walker und Mitarbeiter (2) eine Non-Adherence bei einer Thyroxinbehandlung untersucht. Aus den letzten 2 Dekaden liegen 4 Untersuchungen zur 1x wöchentlichen T4-Gabe vor (2 – 5). In diesen wurden weitgehend dieselben Effekte beobachtet. Auch unerwünschte  Nebenwirkungen wurden – außer bei einem Patienten mit iatrogener Hyperthyreose –  nicht gesehen.

Die Majorität der Hypothyreosen kann freilich mit der üblichen täglichen T4-Gabe gut behandelt werden. Man mag spekulieren, dass, ähnlich wie in der Diabetologie,  zukünftig eine 1x wöchentliche T4-Therapie auch bei nicht T4-resistenten PatientInnen mit Hypothyreose breiter angewendet wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine ungenügende Therapietreue vermutet wird (4).

Helmut Schatz

Literatur

(1) Chellama Jayakumari et al.: Efficacy and safety of once-weekly thyroxine for thyroxine-resistant hypothyroidism.
J. Endo. Soc. 2019; 3(12):2184-2193

(2) J.N. Walker et al.: A thyroxine absorption test followed by weekly thyroxine administration: a method to assess non-adherence to treatment.
Eur.J.Endocrinol. 2013; 168(6):913-917

(3) S.K.G. Grebe et al.: Treatment of hypothyroidism with once weekly thyroxine.
J.Clin.Endocrinol. Metab. 1997; 82(3):870-875

(4) S. Rangan et al.: Once weekly thyroxine treatment as a strategy to treat non-compliance.
Postgrad. Med. J. 2007; 83(984):e3

(5) A. Bornschein et al.: Treating primary hypothyroidism with weekly doses of levothyroxine: a randomized, single-blind crossover study.
Arq. Bras. Endocrinol. Metab. 2012; 56(4):258-258

Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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7 Antworten auf Thyroxin 1x wöchentlich bei thyroxinresistenter Hypothyreose besser wirksam als tägliche Gabe

  1. Helmut Schatz sagt:

    Wenn die Patientenzahl mit n=65 auch sehr gering ist, so sollte im DGE-Blog m.E. doch darüber berichtet werden, zumal es Untersuchungen dazu in anderen Ländern gibt (Lit. 2-5). Die 1x wöchentliche T4-Gabe bei Hypothyreosen ist vielen Ärzten in Deutschland aber nicht geläufig und wird kaum oder gar nicht angewendet. Für Patienten mit geringer Therapietreue dürfte es aber eine Behandlungsform sein, die man versuchen könnte. In der referierten Studie wurde die T4-Wochendosis in pulversisierter Form gegeben.

  2. jeolina sagt:

    Sehr geehrter Herr Professor Schatz,
    ich hätte gleich mehrere Patienten, die mir für ein solches Therapiekonzept einfallen würden.
    Wie heißt das Präparat? Ich konnte es weder in der roten-liste noch bei google finden.
    Vielen Dank und viele Grüße,

  3. Helmut Schatz sagt:

    Sehr geehrte Frau Kollegin Jeolina, das hochdosierte T4-Präparat aus Indien kenne ich auch nicht. Sehen Sie in den zitierten Arbeiten nach, was dort verwndet wurde. Ansonsten könnre man als „Heilversuch“ mit Aufklärung und Patienteneinwilligung auch zunächst etwa 5 (-7) Tabletten L-T4, pulverisiert oder auch ganz, 1x wöchentlich probieren. An 1. Stelle steht aber die ständige ärztliche Bemühung, die Compliance für die tägliche Einnahme zu verbessern.

  4. Verstehnix sagt:

    Ich bitte von Herzen um Ihre fachliche Hilfe! Seit meiner OP in 2016, bei der nicht zur ein Adenom eines Epithelkörperchens, sondern wg. kalten Knoten auch 3/4 meiner Schilddrüse entfernt wurde, ist es bisher nicht gelungen, mich zufriedenstellend mit L-Thyroxin einzustellen. Die fT3-Werte blieben immer sehr niedrig, auch die fT4-Werte bewegten sich im unteren Normbereich, egal wie die Dosierung auch war (zwischen gestückelt rund 64 bis 100 µg). Danach erfolgte ein Versuch mit Novothyral (ging komplett in die Hose) und Prothyrid (auch hier großes Unwohlsein). Danach erfolgte ein Reset durch meinen NUK und seit 2019 eine langsame Erhöhung der Dosis (von 25 bis jetzt 75 µg). Und auch hier das Phänomen, dass sich weder fT4 (zwischen 12,1 bis 14,6) noch fT3 (zwischen 3,4 bis 4,3) scheinbar bewegt, egal wie die Dosierung ist. Bei der vorletzten Blutabnahme mit Dosierung 62,5 µg lag erfreulicherweise immerhin der relative fT3-Wert bei 47,06%, nach der Erhöhung auf 75 µg ist er allerdings…

  5. Verstehnix sagt:

    … erneut wieder auf 17,65% gesunken. Mein NUK empfiehlt jetzt eine weitere Dosiserhöhung auf 87,5 µg, eine Vorstellung bei einer Ärztin, die sich mit Mikronähstoffmangel beschäftigt (wobei Zink/Ferritin/Holotranscobalamin im Normbereich sind) und sprach von einer eventuellen Resorptionsstörung im Dünndarm. Er hofft, dass sich die Werte wieder erhöhen. Der TSH liegt aktuell bei 2,61.
    Kennen Sie aus Ihrer Praxis diesen Fall, dass sich fT3 und fT4 nicht wirklich zufriedenstellend entwickeln? Eine sogenannte Wohlfühldosis habe ich seit der OP nicht erlebt, obgleich ich von 0 µg (finde ich in den ersten Tagen super) bis 100 µg schon alles durchhabe.
    Was ist hier empfehlenswert und wie lässt sich das begründen?
    Vielen Dank im Voraus!
    Bitte entschuldigen Sie, dass ich dieses Fachforum mißbrauche, aber ich weiß mir nicht mehr zu helfen. Meine Lebensqualität ist furchtbar.
    Freundliche Grüße

  6. Helmut Schatz sagt:

    Lieber Patient, Ich meine, Sie sollten eine höhere Thyroxindosis nehmen. Das TSH ist zwar mit 2.61 mE/l nicht erhöht, heute orientiert man sich aber in Sonderfällen wie offenbar Sie einer sind mehr am fT4. Novothyral enthält 20 Mikrogramm T3 und 100 Mikrogramm T4. Das T3 ist da sehr (zu?) hoch. Besprechen Sie mit Ihrem Arzt, ob man entweder 88 -100 oder 112 T4 allein versucht, oder zu 75 -88 T4 noch eine ganz kleine Dosis T3 dazu gibt ( etwa 1/4 bis 1/2 Tablette Thybon zu 20 Mikrogramm T3), also nur 5 bis 10 T3. Bedenken Sie aber bitte, daß NICHT die Schilddrüsenhormoneinstellung alle die Beschwerden machen muß, oder es für Sie DIE Wohlfühldosis gibt. Viele, viele Menschen sind völlig schilddrüsengesund und haben auch vielerlei Beschwerden wie Sie oder fühlen sich trotz normaler Schilddrüse nicht wohl. Damit muss ich meine Fernberatung beenden. Besprechen Sie bitte alles Weitere mit Ihrem Arzt.

  7. Verstehnix sagt:

    Herzlichen Dank für Ihre Antwort.

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