Bochum, 1. November 2017:
Am 25. Oktober 2017 erschien online in LANCET Diabetes & Endocrinology (1) eine sorgfältige, detaillierte und umfangreiche Arbeit von Philippe Autier et al. aus dem Internationalen Institut für Präventionsforschung in Lyon über den Effekt einer Vitamin D –Zufuhr auf nicht-skelettale Erkrankungen. Die Autoren analysierten die Arbeiten, die zwischen dem 1. Januar 2013 und dem 31. Mai 2017 publiziert wurden. Von 87 Metaanalysen randomisierter Studien wurden 52 auf Grund von suboptimaler Qualität oder fehlender Einbeziehung neuerer Daten ausgeschlossen. Zusätzlich wurden 202 randomisierte Studien herangezogen, die in dieser Zeitperiode publiziert worden waren und die nicht in den Metaanalysen berücksichtigt worden waren.
Ergebnisse: 10 – 20 Mikrogramm (400 – 800 IE) Vitamin D pro Tag senkten die Gesamtmortalität und die Krebsmortalität bei Menschen mittleren und höheren Lebensalters. Es konnte kein Hinweis gefunden werden, dass eine Vitamin D-Zufuhr einen Effekt auf die meisten nicht-skelettalen Erkrankungen ergeben hätte, wie kardiovaskuläre Erkrankungen, Adipositas, Diabetes, Gemütsstörungen, Muskelfunktion, Tuberkulose, kolorektale Adenome oder mütterliche/perinatale Störungen. Die Zusammenschau aus 83 Studien ergab keinen Hinweis auf einen signifikanten Effekt von Vitamin D auf Biomarker einer systemischen Inflammation. Neu war jedoch, dass Vitamin D helfen könnte, akute Atemwegsinfekte und Asthma-Exazerbationen zu verhindern. Ansonsten gab es wenig Evidenz, dass Vitamin D –Gabe einen Effekt auf andere Erkrankungen einschliesslich chronischer Entzündungen haben könnte. Dies stützt nach den Autoren die Hypothese, dass ein niedriger Vitamin D –Status eher die Folge und nicht Ursache dieser Störungen ist.
Die Daten für eine geringe, 3% – Reduktion der Gesamtmortalität Erwachsener basieren auf einer Cochrane-Analyse von 2014 (RR 0.97, 95%CI, 0.94-0.99. Lit.2) und der Metaanalyse von Bolland et al. 2014 (RR 0.96, 95% CI, 0.93-1.00. Lit. 3). Die Cochrane-Analyse (2) ergab für Vitamin D3 (Cholecalciferol) sogar ein RR von 0.94 ( 0.91 – 0.98). Für die Krebs-Gesamtmortalität errechnete sich eine Reduktion von 12%: Cochrane-Analyse 2014 (4): RR 0.88 (0.78-0.98); Keum und Giovannucci 2014 (5): RR 0.88 (0.78-0.98). Lungen- bzw. allergische Erkrankungen: Akute Atemwegsinfekte: Martineau et al. 2017 (6): RR 0.88 (0.81-0.96). Radiologisch bestätigte Pneumonien bei Kindern: Yakoob et al. 2016 (7): RR 1.06 (0.89-1.26). Asthma-Exazerbationen mit Aufsuchen einer Notfallabteilung oder Hospitalisation: Martineau et al. 2016 (8): RR 0.39 (0.19-0.78).
Kommentar
Diese Übersicht von Autier et al. ist die umfassendste, die dem Referenten bekannt ist. Sie bezieht – natürlich – den „Goldstandard“, die Cochrane-Analysen ein. Über Einzelaspekte wurde auch im DGE-Blog immer wieder berichtet, so über die derzeit in Deutschland laufende EVITA-Studie über Asthma und Vitamin D (9). Alle Ergebnisse werden in der Übersichtsarbeit (1) sehr kritisch diskutiert. Vor gesundheitspolitischen und klinischen Schlussfolgerungen aus diesen Daten über den Einsatz von Vitamin D möchte der Referent die Ergebnisse der VITAL- und weiterer großer, bereits laufender Studien abwarten (10). Diese werden wohl ab 2018, zumindest in Teilen, bekannt werden.
Helmut Schatz
Literatur
(1) P. Autier et al.: Effect of vitamin D supplementation on non-skeletal disorders: a systematic review of meta-analyses and randomized trials.
Lancet Diabetes Endocrinology 2017. Published online October 25, 2017.
http://dxdoi.org/10.1016/S2213-8587(17)30357-1
(2) G. Bjelakovic et al.: Vitamin D supplementation for prevention of mortality in adults.
Cochrane Database Syst Rev 2014. 1:CD007470
(3) M.J. Bollard et al.: The effect of vitamin D supplementation on skeletal, vascular, or cancer outcomes: a trial sequential meta-analysis. Lancet Diabetes Endocrinology Lancet 2014. 2:307-320
(4) G. Bjelakovic et al.: Vitamin D supplementation for prevention of cancer in adults.
Cochrane Database Syst Rev 2014. 6:CD007469
(5) N. Keum et al.: Vitamin D supplements and cancer incidence and mortality: a meta-analysis.
Br.J.Cancer 2014.111:976-980
(6) A.R. Martineau et al.: Vitamin D supplementation to prevent acute respiratory tract infections: systematic review and meta-analysis of individual participant data.
Brit. Med. J. 2017.356:i6583
(7) M.Y. Yakoob et al.: Vitamin D supplementation for preventing infections in children under five years of age.
Cochrane Database Syst Rev 2016. 11:CD008824
(8) A.R. Martineau et al.: Vitamin D for the management of asthma.
Cochrane Database Syst Rev 2016. 9: CD011511#
(9) Helmut Schatz: Immer wieder Vitamin D.
DGE-Blogbeitrag vom 8. Juli 2017
(10) Helmut Schatz: Kalzium und Vitamin D zur breiten Prophylaxe nutzlos?
DGE-Blogbeitrag vom 10. Oktober 2015
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800 IE/d sind eine lächerlich niedrige Dosis. Damit schafft man es nie, auf Blutspiegel so um die 50 ng/ml zu kommen, um alle Rezeptoren zu aktivieren. Bei meiner Mutter hat sich erst etwas getan, als sie fast 80 ng/ml hatte. Ihr TSH hat temporär massiv erhöht und dann auf einem guten Wert eingependelt. Die SchilddrüsenOP der Knoten war danach vom Tisch, und sie vertrug auf einmal auch Jod, was vorher nicht der Fall war.
Hallo,
was für einen Zusammenhang gibt es zwischen Vitamin D und TSH?
Grüße
Seniorin