Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Besteht bei Patienten mit Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse eine erhöhte Impf-Priorität gegen COVID-19?


ENDOKRINOLOGISCHES DISKUSSIONSFORUM

Bochum, 9. April 2021:

Gestern abends rief mich unser DGE-Mitglied Prof. Ulrich Beil aus Hamburg an und fragte, ob die DGE zu einer Priorisierung bei der COVID-19-Impfung von Patienten mit Autoimmunthyreopathien, insbesondere einer Hashimoto-Thyreoiditis eine Stellungnahme abgegeben habe. Seine Praxis im Hamburger „Medizinicum“ würde jetzt überlaufen von Patienten, die deshalb bevorzugt geimpft werden wollen.

Die Patienten berufen sich auf eine Mitteilung im Bundesanzeiger (1), in welchem die Verordnung zum Anspruch auf Coronavirus-Schutzimpfung vom 10. März des Bundesministeriums für Gesundheit abgedruckt ist. Ich wurde mit dieser Verordnung bisher in meiner Praxis nicht konfrontiert und  habe nachgesehen: Die Reihenfolge der Schutzimpfungen wird darin angegeben als mit 1. höchster, 2. hoher und 3. erhöhter Priorität. Dann kommen die Folge- und Auffrischungsimpfungen. Mit „erhöhter Priorität“ (Punkt 2b) werden  die Personen definiert, bei denen ein „erhöhtes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf nach einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 besteht. Dies seien Patienten „mit Immundefizienz oder HIV-Infektion, Autoimmunerkrankungen oder rheumatologischen Erkrankungen“ (1).

Die DGE hat am 16. Juli 2020 in ihrem Blog: „Endokrinologie während der COVID-19-Pandemie“ (2) die Stellungnahmen der European Society of Endocrinology (ESE) aus dem European Journal of Endocrinology abgedruckt und sich hinter diese Aussagen gestellt. Dort findet sich die Publikation über „Management of hyper- and hypothyroidism“ (3). Darin steht: „There is no evidence that patients with existing autoimmune thyroid disease are more susceptible to contracting viral illnesses including infection with SARS.CoV-2 or that they are at risk of developing more severe COVID-19 disease….. Certain subsets of patients, such as with Graves´ ophthalmopathy who are actively undergoing immunosuppressive therapy, are likely to be at increased risk of developing severe corona virus infection.“  Zusammengefasst heißt es: „Autoimmune thyroid diseases are not linked to increased risks of COVID-19….. Uncontrolled thyrotoxicosis may result in more severe complications from SARS-CoV-2 infection including thyroid storm. The management of patients with a new diagnosis of hyperthyroidism is best undertaken with a block- and replace-regimen….“ . Zur Hashimoto-Erkrankung wird geschrieben: „No particular concerns are evident for the management of patients with hypothyroidism during this pandemic“ (3).

Wie ist, liebe DGE-Mitglieder, Kolleginnen und Kollegen, Ihre Meinung zu der Frage, wie sie Herrn Prof. Beil jetzt sehr häufig von Patienten gestellt wird? Wenn ich den Text der Verordnung im Bundesanzeiger lese, sind dort  zwar „Autoimmunerkrankungen“ angeführt, bei der Hashimoto-Thyreoiditis, nur in besonderen Fällen wie einer immunsuppressiv behandelten endokrinen Orbitopathie bei M. Basedow, besteht aber kaum ein „erhöhtes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf nach einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2“.  Durch das jetzt angelaufene Impfen in der Praxis mit weniger strikten formalen Vorschriften und keiner Pflicht zu einer umfangreichen Dokumentation dürfte  dieses Problem  aber wohl nicht so sehr ins Gewicht fallen.

Helmut Schatz

Literatur

(1) Bundesanzeiger, BAnz AT 11.3.2021 V1

(2) Helmut Schatz: Endokrinologie während der COVID-19-Pandemie.
DGE-Blogbeitrag vom 16. Juli 2020

(3) Kristien Boelaert et al.: Management of hyperthyroidism and hypothyroidism.
European Journal of Endocrinology,183(1):G33-G39

Bitte geben Sie hier bekannt, gerne auch mit Spitznamen, was Sie von der Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit im Bundesanzeiger halten. Wie verhalten Sie sich jetzt in ihrer Praxis?

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54 Antworten auf Besteht bei Patienten mit Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse eine erhöhte Impf-Priorität gegen COVID-19?

  1. Dr.med. Carsten Mayer sagt:

    Bei hypothyreoten Patienten auf dem Boden einer Autoimmunthyreoiditis Hashimoto sehe ich ebenso wie der Blogreferent keinen Grund für eine Covid-Impfpriorisierung. Die Diktion in der Verordnung des Gesundheitsministeriums ist eindeutig.

  2. Bayrischer Internist sagt:

    In meiner internistischen Sprechstunde in Süddeutschland betreue ich viele PatientInnen mit einer Hashimoto-Erkrankeng.
    Bisher kam noch niemand, der/die „priorisiert“ geimpft werden wollte. Ich kann auch keinen Grund dafür erkennen, weder medizinisch noch regulatorisch.

  3. Beppo sagt:

    Auch wenn hier die Ärzte gefragt sind, wage ich als Patientin die umgekehrte Frage an die Mediziner. Denn damit bin ich auch nicht alleine:
    Wenn ein außergewöhnlich starker Autoimmunprozess vorliegt, ist dann sogar im Gegenteil das Risiko für Impferkrankungen höher? Es heisst ja, die Thrombosen bei Frauen seien durch eine immunologische Überreaktion ausgelöst. Mir ist bekannt, dass Impfungen generell bei schwer Autoimmunerkrankten problematisch sind. Nur mit einem hochentzündlichen Hashimoto, TPO-Antikörper nach 25 Jahren immer noch hoch vierstellig, ist es nicht Fisch und nicht Fleisch, oder? So richtig ernst nimmt man das ja bei Hashimoto nicht. Gripppeimpfung war nie ein Problem. Trotzdem überlege ich, besser auf Astra.. zu verzichten. Allerdings nehme ich auch an, mit einem hochfloriden Hashimoto, wie es immer in meiner Akte steht, wird man kein Wahlrecht haben?
    Besten Dank.

  4. Helmut Schatz sagt:

    Die ersten Reaktionen niedergelassener Ärzte sind im Hinblick auf bürokratischen Aufwand und Unsicherheiten in der Lieferung von Vakzinen negativ. Auch die Impfreihenfolge sei einzuhalten. Die Realität des Impfens in der Praxis sieht offenbar, zumindest mancherorts anders aus als ich es im letzten Satz mrines Kommentars angenommen hstte.

  5. Große Hexe sagt:

    Ich bin total verunsichert. Zum einen habe ich eine in Deutschland sehr seltene Autoimmunerkrankung, es gibt nur wenige gemeldete Fälle von Menschen mit dieser Erkrankung. Zum anderen hatte ich häufiger Thrombosen und im Jahr 2000 ,mit Ende 20 eine Lungenembolie. Schilddrüsenunterfunktion kommt noch dazu. Ob für mich diese Covit 19 Impfung gefährlich sein könnte, hat mir bis heute niemand gesagt. Mein Blut wurde nach der Lungenembolie vom Hämatologen im Krankenhaus untersucht. Es hiess, ich hätte die Faktor 5 Erkrankung, im Endeffekt zu dickes Blut. Vererbung, nach mir hat sich meine Mutter untersuchen lassen, selbes Ergebnis. Meine Tochter hatte mit 15 Jahren ihre erste Thrombosen, die habe ich gleich mitgenommen ins Krankenhaus zur Untersuchung beim Hämatologen, auch Faktor 5. Wir beide Macumar verordnet. Bei mir wurde es aber vor der Verlegung des Darmausgang abgesetzt, ich bekam Heparin. Tochter hat irgendwann auch mit Macumar aufgehört. Ich bin total uninforiert und habe Angst !

  6. Helmut Schatz sagt:

    Mit einer Faktor V – Leiden – Erkrankung mit schon stattgehabter Lungrnembolie, typischerweise als Erbkrankheit familiär, sollten Sie dauerhaft antikoaguliert sein (meine Patienten erhalten Marcumar). Ob Sie sich impfen lassen sollen? Das kann ich nicht beantworten, sondern sollten Sie gemeinsam mit Ihrem Hämatologen entscheiden. Wenn ja, nicht mit AstraZeneca, sondern BionTec. Die Schilddrüsenunterfunktion spielt dabei keine Rolle.

  7. Chrissi44 sagt:

    Eine ähnliche Geschichte wir bei mir.
    Blutgerinnungsstörung nicht genauer definiert, evtl. Antiphospholipidsyn, Faktor VIII und Thrombozyten dauerhaft erhöht.
    Mehrere Thrombosen, Schlaganfall und Lungenembolie in der Vorgeschichte.
    Seitdem nehme ich Marcumar.
    Hashimoto, Nebenniereninsuffizienz, Shunt wegen Hydrocephalus,
    künstlicher Darmausgang, Immundefekt.
    Bin auch sehr unsicher, die meisten Ärzte raten mir zur Impfung, andere sagen, ich solle besser noch abwarten. Ich habe irgendwie ein ungutes Gefühl.

  8. Beppo sagt:

    Bei mir hat es sich mittlerweile geklärt. Nicht der Hashimoto selber mit höchsten Antikörpern, wohl aber Begleiterkrankungen führen für mich zur Entscheidung, es sein zu lassen. Eine davon, eine Mastzellerkrankung mit häufigen Schleimhautblutungen, steht extra aufgeführt auf dem Anamnesebogen als Risikofaktor. Impfung soll nur unter verlängerter Überwachungszeit durchgeführt werden. Wobei bei mir 30 Minuten nicht ausreichen würden, die Blutungsprobleme gehen manchmal erst nach Stunden los, und Entzündungsschübe im Gehirn nach Tagen.
    Also am Ende spielen für mich nicht nur die Krankheiten, sondern auch meine Situation als Alleinstehende und Behinderte eine Rolle. Wenn mir was passiert, findet mich erstmal keiner. Dies ungute Gefühl kriege ich nicht weg, und das möchte ich nicht riskieren. Zumal kranke Leute sich auch geimpft weiter sehr in Acht nehmen müssen, ich würde ja nicht im Gegenzug die Sicherheit haben, dass ich100 % geschützt bin.

  9. Sigrun Merger sagt:

    Es gibt gute Daten, die einen Zusammenhang von SD-Fehlfunktionen mit Gerinnungsproblemen zeigen, was möglicherweise Auswirkungen auf Covid bzw. auch auf die Impfung haben könnte.
    Hier denke ich, dass wir nicht von Hashimoto im Allgemeinen sprechen sollten, sondern vom Pat. mit seinem „Gesamtpaket“ abhängig individuell vorgehen sollten.

  10. Alex sagt:

    Ist die Frage nicht eher, wie ist die Verordnung juristisch zu interpretieren? Dürfen nur Personen mit gefährdeten Autoimmunerkrankungen geimpft werden oder ist da eine nicht deutliche Formulierung und alle Autoimmunerkrankungen sind gemeint. Ich habe noch Zöliakie und auch die DGZ ist such da wohl unsicher mittlerweile.

  11. Hashimoto Patient sagt:

    Wenn die Hashimoto Thyrioditis eine Autoimmunerkrankung ist und in der Impfverordnung Autoimmunerkrankungen in Gruppe 3 genannt werden, warum ist dann fraglich, ob Hashimoto Patienten priorisieren werden sollen?

  12. Helmut Schatz sagt:

    Weil, wie oben der Wortlaut der Verordnung besagt, bei Hashimoto kein erhöhtes Risiko FÜR EINEN SCHWEREN ODER TÖDLICHEN VERLAUF bei Covid- 19 besteht.

  13. Jurist21 sagt:

    Herr Schatz, aus medizinischer Sicht mögen Sie Recht haben, aber aus juristischer Sicht ist das erhöhte Risiko hier per Verordnung festgestellt worden. Sonst müsste es heißen „…folgende Personen, WENN ein erhöhtes Risiko…besteht“.

  14. Helmut Schatz sagt:

    Hier der Wortlaut aus dem Bundesanzeiger, für die Nicht-Juristen in diesem MEDIZINHEN DISKUSSIONSFORUM :
    1) Folgende Personen haben mit erhöhter Priorität Anspruch auf Schutzimpfung:
    1.)………
    2. Personen, bei denen ein erhöhtes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf nach einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 besteht. ….
    a)….
    b) Personen mit Immundefizienz oder HIV-Infektion, Autoimmunerkrankungen oder rheumatologische Erkrankungen.
    Bei Hypothyreose, meist wg. Autoimmunthyreoidids Hashimoto, besteht aber KEIN ERHÖHTES RISIKO für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf.: „No particular concerns are evident … “ schreibt die European Society for Endocrinology (Lit.3). Wenn man nicht eine Krankheit, sondern einen Wortlaut analysiert, mag man die Situation so wie Sie, lieber Jurist21 sehen. Aber: Ein „erhöhtes Risiko“ kann man doch nicht „per Verordnung feststellen, wie Sie schreiben.

  15. Beppo sagt:

    Es funktioniert doch sowieso nicht. Mein Bundesland Bremen beachtet bisher Erkrankungen gar nicht, es geht strikt nach Geburtsjahrgang abwärts, per Einladung, und das ist gut so. Alles andere wäre Mauschelei. Wer bitte soll denn beurteilen, mit welcher Diagnose man warum ein erhöhtes Risiko hat? Ganz sicher hat nicht jeder mit derselben Erkrankung ein gleich hohes Risiko. Ich habe wegen Hashimoto 100 % Schwerbehinderung, natürlich bin ich da die Ausnahme. Wenn Rheumakranke ein erhöhtes Risiko haben, dann habe ich das auch. Wer aber wegen Hashimoto ein LT morgens einwirft und gesund ist, hat es nicht.

    Anderes Beispiel: Mir erzählt eine Bekannte mit extrem seltener schwerer Erkrankung, dass in ihrem Bundesland die Krankenkassen den Impfzentren die kranken Patienten benennen. Sie ist nicht dabei, dafür leicht kranke Diabetiker und Leute, die vor 15 Jahren einen Krebs hatten. Ich schätz, die nehmen ihre DMP-Programme, Pech für exotisch Kranke, wie immer.

  16. ER sagt:

    Mein MB wurde vor ca. 15 Jahren behandelt. Seit dem mit Tabletten gut eingestellt . Mit der Radio-Jod-Therapie, und Bestrahlung sind die Augen behandelt worden. Die Wucherungen auf dem Schienenbein sind geblieben und inoperabel. Ich hatte mich auf eine Warteliste gesetzt, weil dort die Vorerkrankung „Autoimunerkrankung“ steht. Allerdings sagt heut die Vertretung von meinem Hausarzt (selbe Praxis, also Krankenakte liegt vor), der MB wäre ausgeheilt, da ich ja keine SD mehr habe. Ich sollte einen Test von bestimmten Werten beim Nuklearmediziner machen. Der Anruf bei einem Nuklearmed. war erfolglos, weil er mich zum Endokrin. verwiesen hat. Verwirrung komplett. Jetzt warte ich lieber auf meinen Hausarzt. Und wenn die Priorisierung aufgehoben wird, dann hat sich die Warteliste sowieso erledigt.

  17. Regina sagt:

    Folgende Information findet sich auf der Seite der Schilddrüsen Liga Deutschland e.V.

    „Haben Patienten mit einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf der Covid-19 Erkrankung?

    Hierzu weist die European Thyroid Association (ETA) darauf hin, dass Patienten mit Schilddrüsenerkrankungen per se kein erhöhtes Risiko für eine Covid-19 Erkrankung zeigen [ETA 2020]. Allerdings ist momentan noch unklar, ob der Erreger SARS-CoV2 die Schilddrüsenfunktion beeinträchtigt. Dass bei Patienten mit einer Autoimmunerkrankung das Risiko für einen schwereren Verlauf besteht, lassen die Daten bisher nicht erkennen. Die ETA empfiehlt jedoch, dass diese Patienten einer niedrigen bis mittleren Risikoklasse (ähnlich wie Patienten mit einer rheumatischen Erkrankung) zugeordnet werden sollten.“

  18. R.S. sagt:

    Wenn es um die Herleitung eines Anspruchs (auf bevorzugte Impfung) geht, ist festzustellen, dass die CoronaImpfV unter §4 2. b) keine weitere Differenzierung (nach genauer bestimmten Autoimmunerkrankungen) vorsieht. D.h. der betroffene Patient meint nicht nur einen entsprechenden Anspruch auf Impfung zu haben, sondern er hat ihn Kraft Verordnung! Was rein praktisch daraus resultiert ist eine andere Frage.

  19. Georg Mansmann sagt:

    Alle Betroffenen mögen sich vor Augen halten, dass bei einer bevorzugten Impfung andere Menschen zurückstehen müssen. Autoimmunerkrankung ist lediglich ein Oberbegriff für sehr unterschiedliche Erkrankungen, die von milde bis tödlich verlaufen können. Manche führen zu schwersten Organschäden und/oder müssen mit Immunsuppressiva behandelt werden. Es gibt keinerlei Daten, die darauf hinweisen, dass Patienten mit alleiniger (!) Hashimoto-Thyreoiditis schwerere Verläufe bei SARS-CoV-2 zeigen. Hier formaljuristisch zu argumentieren ist nicht sonderlich hilfreich. Der Gesetzgeber kann nicht bzgl. jeder Erkrankung entsprechende Vorgaben machen. Glücklicherweise können die meisten Menschen diesen Sachverhalt nachvollziehen.

  20. S.K. sagt:

    Hier ist juristisch auszulegen. Personen mit einem erhöhten Risiko eines tödlichen Verlaufs sind extra genannt. Würde man das erhöhte Risiko voraussetzen, wären alle Punkte mit einem UND verbunden. Auch die in derselben Kategorie benannten Wahlhelfer und Personen, die Mitglieder von Verfassungsorganen sind, haben per se kein erhöhtes Risiko für einen tödlichen Verlauf.

  21. Georg Mansmann sagt:

    Lieber S.K,
    das ist nicht ganz richtig. Unter Punkt 2 mit den Unter(!)gruppen 2a-i) werden die Erkrankungen mit hohem Risiko für schweren Verlauf aufgeführt. Als Nicht-Jurist scheint für mich diese Formulierung eindeutig: Autoimmunerkrankungen, die zu einem erhöhten Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf mit SARS-CoV-2 einhergehen, werden priorisiert, andere nicht (also UND).
    Bei den unter 3)-9) genannten Gruppen liegen andere Gründen für eine Impfpriorisierung wie Unabkömmlichkeit am Arbeitsplatz etc. vor.
    Im Übrigen kann man auch schon über die Definition Autoimmunerkrankung streiten. Bereits geringfügig erhöhte Schilddrüsen-Ak ohne weitere Krankheitszeichen werden ja gelegentlich als Hashimoto bezeichnet. Sollen diese Personen auch Zulasten anderer bevorzugt werden? Es wird an diesem Beispiel schnell klar, dass nach ärztlichen Ermessen entschieden werden muss. Gefälligkeitsattteste bringen uns nicht weiter.

  22. Mario Gaab sagt:

    Laut einer Metastudie sind Schilddrüsenpatienten einem signifikant höheren Risiko ausgesetzt, einen schweren Verlauf von Covid-19 zu erleiden: „Based on a contrite meta-analysis of available data, thyroid disease seems to be associated with an enhanced risk of severe COVID-19 infection.“
    https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7387272/

    Hier sind auch explizite Gründe genannt, warum dies der Fall ist. Daher verstehe ich die Einschätzung der European Society of Endocrinology nicht, und kann sie nur wieder dahingehend erklären, dass Hashimoto selbst in Fachkreisen immer noch als geringfügige Krankheit abgetan wird, deren Folgen nicht einmal annähernd klar sind.

    Weiterhin ist die Formulierung über die Impfpriorisierung eindeutig. Autoimmunerkrankungen werden klar als Zugehörigkeit zur Gruppe 3 genannt, die Verordnung lässt eine Herabstufung aus medizinischer Sicht nicht zu.

  23. Sunny sagt:

    Hallo,
    ich habe Hashimoto und ein Lipödem. Bin in der 6. Woche schwanger, daher kommt nach Stiko eh im Moment keine Impfung für mich in Frage. Trotzdem habe ich natürlich Angst vor Ansteckung, da mein Mann als Krankenhausarzt viele Kontakte hat (der ist aber schon 1 x geimpft) und unser 3-Jähriger eine große Kita besucht.
    Falls irgendwann Hashimoto-Patienten (und Schwangere) generell ein Impfangebot bekommen: Kann jemand der hier anwesenden Spezialisten sagen, zu welchem Impfstoff Sie mir raten würden? Ich persönlich würde AstraZeneca ausschließen und z.B. BionTech bevorzugen – bin aber halt Laie.
    Insgesamt finde ich es schändlich, sich ein Impfattest zu holen, wenn man seine Autoimunerkrankung gut im Griff hat, weil es immer noch viele anderen gibt, die die Impfung dringender brauchen.

  24. Gisela Sommer sagt:

    „Die Deutsche Autoimmun -Stiftung“ verweist auf eine Studie mit folgender Aussage:

    „Autoantikörper könnten schwere Verläufe der SARS-CoV-2 Infektion verursachen.
    Eine neue Studie amerikanischer Forscher hat gezeigt, dass zirkulierende Autoantikörper die Bildung von Blutgerinnseln (Thrombosen) bei Patienten mit einer SARS-CoV-2 Infektion begünstigen können. Derartige Autoantikörper verstärken im Rahmen der Virusinfektion das Auftreten lebensgefährlicher Komplikationen…“ „Das Blut von hospitalisierten „Corona-Infizierten“ wurde auf insgesamt acht Typen der Antiphospholipid-Antikörper untersucht…“

    Wird das sekundäre Auftreten von Antiphospholipidantikörpern (PLA) nicht mit verschiedenen Grunderkrankungen assoziiert: u.a. mit Hashimoto? Ist die derzeitige Studienlage wirklich so eindeutig, dass man den Ausschluss der Hashimoto Patienten von der Gruppe 3 rechtfertigten kann? Nur weil sie flapsig gesagt, nicht krank genug erscheinen?

  25. Andreas sagt:

    Hallo Zusammen,

    meine Ärztin begründet Ihre Verweigerung eines Artest mit einer Mail und dem Link zu diesem Block.

    Wo sind wir? Wie konnte es dazu kommen?

    Fakt ist, Gesetze sind Gesetze.

    Autoimmunerkrankungen sind unmissverständlich genannt. Eine Differenzierung welche gewertet werde gibt es nicht.

    Ich finde die Diskussion schwierig.

    Diskussionen damit beendet. Gesetz ist Gesetz.

  26. Helmut Schatz sagt:

    Nach neuer Regelung obliegt es m.W. demnächst ohnedies dem Hausarzt, die Entscheidung zu treffen. Übrigens: Bei dem Text handelt es sich um kein Gesetz,sondern es ist eine Verordnung.

  27. Test123 sagt:

    Lieber Andreas,

    es gibt wohl auch Ärzte die Hashimoto-Patienten zur Gruppe 3 zuordnen. Z.B. hier https://hausarztzentrum-bottrop.de/risikoeinschaetzung/ wird bei Autoimmunerkrankungen Hashimoto genannt. Jeder Arzt macht das anders. Es fehlt einfach die Aufklärung von seitens der Regierung.

    Mit freundlichen Grüßen
    Test123

  28. Andreas sagt:

    Sie haben Recht. Verordnung.

    Wenn man darauf schon rumreitet, darf man erwähnen, das „demnächst“ wenig Bedeutung hat aktuell.

    Also darf man sich doch bitte an eine Verordnung der ordnungshalber halten.

  29. Beppo sagt:

    Schon verrückt, dass es eine Krankheit gibt, die es sehr häufig geben soll, aber nichts genaues weiß man nicht. Weder zur Frage des Autoimmunprozesses noch zu Impfpriorität oder Impfrisiken. Auch nicht, wie viele Menschen Hashimoto haben, oder wieviel Jod tatsächlich in unserer Ernährung drin ist. Keine chronische Krankheit, meint die Krankenkasse. Grundsätzlich kein Behinderungsgrad. Nichts. Gar nichts. Als ob wir kerngesund wären. Dabei leiden meinem EIndruck nach Hashimotokranke erheblich, und viele sind jetzt wegen Übergewicht Hochrisikogruppe für Corona.

  30. HLA DR3 sagt:

    Journal of Molecular Biomarkers & Diagnosis: Research Article 2155-992
    „COVID-19 Spreading Across World Correlates with 677T Allele of the Methylenetetrahydrofolate Reductase (MTHFR) Gene Prevalence. Abstract
    Homocysteine assessment has been proposed as a potential predictive biomarker for the severity of COVID-19 infection. The purpose of this review was to analyze the correlation between the prevalence of MTHFR 677T allele and COVID-19 incidence and mortality worldwide. There is a clear trend towards the worldwide prevalence of MTHFR 677T allele and COVID-19 incidence and mortality.“

    „Die Hashimoto-Patienten weisen im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant häufiger den Genpolymorphismus MTHFR 677 C/C und COMT A/A auf.“ (Aus der Medizinischen Klinik 1
    der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Direktor: Prof. Dr. med. M. F. Neurath
    Untersuchung möglicher Zusammenhänge zwischen Hashimoto-Thyreoiditis, psychischen Störungen und genetischen Varianten…)

  31. Helmut Schatz sagt:

    @HLA DR3: Sehr geehrte Frau Kollegin Schinhammer, danke für den Verweis auf Ihre Dissertation aus dem Jahre 2010 mit Genanalysen bei Hashimoto-Thyreoiditis und eine Publikation über eine solche genetische Konstellation als Biomarker schwerer Krankheitsverläufe bei COVID-19-Infektion. Ich gehe davon aus, dass Sie daraus eine Impfpriorisierung für Hashimoto-Patienten ableiten.

  32. DS sagt:

    Der Verordnungstext muss spezifizieren, für welche Gruppe die erhöhte Impfpriorisierung Gültigkeit hat. Die Defintion vor der Aufzählung hat daher für mich nur rein deskriptiven Charakter. Eine gutachterliche, ärztliche Auslegung ergibt sich für mich nur aus Unterpunkt i, wo sie eindeutig gefordert wird. Damit werden Erkrankungen mit einbezogen, die vorher noch nicht ausdrücklich genannt sind. Die Priorisierung für Gruppe 2 ist prinzipiell genauso aufgebaut. Wie ließe es sich sonst erklären, dass in Niedersachsen die Patienten in Prio 2 durch die Krankenkassen eine Impfberechtigung erhalten haben? Dies wäre rechtswidrig gewesen, wenn für jede Erkrankung tatsächlich eine nochmalige Einschätzung des behandelnden Arztes notwendig gewesen wäre.

  33. Zöli sagt:

    Die Behörden in Italien sind konkreter bei der Definition von Autoimmunerkrankungen im Kontext der Impfpriorisierung.

    Hier ein Link zu einem Presseartikel https://www.tageszeitung.it/2021/04/29/jetzt-wird-gepikst/
    sowie zu einem offiziellen Verzeichnis https://www.coronaschutzimpfung.it/media/pages/downloads/fcd170c4ad-1619541984/ticketbefreiungen-esenz.ticket-patologia.pdf.

    Danach berechtigen dort sowohl Hashimoto als auch Zöliakie zu einer priorisierten Impfung.

  34. Hans Klein sagt:

    „Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt bis zum 18. März 2021 das Nähere zur Ermittlung der Ver- sicherten. Er erstellt eine Zuordnung der Diagnoseschlüssel aus der Abrechnung ambulanter ärztlicher und stationärer Leistungen zu den in § 3 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a bis j und § 4 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a bis h genannten Erkrankungen. “

    aus $6 https://www.bundesanzeiger.de/pub/publication/1U7ND2LBkcBq1zwYKou/content/1U7ND2LBkcBq1zwYKou/BAnz%20AT%2001.04.2021%20V1.pdf?inline

    Wenn man den Abschnitt liest, kann allein durch einen Diagnoseschlüssel die Zugehörigkeit bestimmt werden. Irgendwo muss dann ja diese Liste existieren, die die Krankenkassen erstellt haben.

    Allgemein ist es sehr frustrierend, dass hier diskutiert wird, ob es Ermessen des Arztes ist oder eine Liste von berechtigten Krankheiten und man dann je nach Arzt Priorität hat oder nicht.

  35. Stephanie sagt:

    In Hamburg sind Personen mit Vorerkrankungen ab Montag, den 17.5., zur Impfung aufgerufen. Die Sozialbehörde der Stadt hat sich in der hier diskutierten Frage eindeutig positioniert.
    https://twitter.com/bgv_hh/status/1392739116572368897

    Frage einer Userin: „Ist die Aufzählung abschließend oder beispielhaft? Sie verweisen auf die in der Impfverordnung des Bundes §4, Zif.2 festgelegten Vorerkrankungen. (…) Bitte um Klarstellung. Vielen Dank!“

    Antwort der Sozialbehörde: „(…) Grundlage der Festlegung ist §4, Zif. 2 der Impfverordnung des Bundes. Alle Personen, deren Krankheit dort genannt wird, sind damit zur Impfung aufgerufen.“

    Nach CoronaImpfV §6 Abs. 5 haben die definierten Personengruppen Anspruch auf Ausstellung eines ärztlichen Zeugnisses und gegebenenfalls zu vergebenden Code für die Terminvergabe.

    Die lange Diskussion zu dem Thema in diesem Forum zeigt die Sinnhaftigkeit der eindeutigen Feststellung der Priorisierung durch die Verordnung.

  36. AL sagt:

    Für mich als Juristen ist es ganz einfach: Der Verordnungsgeber hat in §4 Abs 1 Ziff 2 der CoronaImpfV fden Personenkreis definiert, der mit erhöhter Priorität Anspruch auf eine Schutzimpfung hat. . Er hat unter 2b den Begriff „Autoimmunerkrankungen“ aufgeführt und damit entschieden, dass diese Krankheiten ein erhöhtes Risiko für einen schweren oder tödlichen Verlauf bedeuten. Es gibt keinen Arztvorbehalt oder andere Einschränkungen. Damit ist es nicht in das Benehmen der Ärzte gestellt eine eigene Interpretation oder Einschränkung vorzunehmen. Verweigert ein Arzt die Impfung oder die Ausstellung der Bescheinigung, verstösst damit gegen die CoronaImpfV. In diesem Fall empfehle ich sofort den Rechtsweg einzuschlagen und den Arzt auf Ausstellung der Bescheinigung oder auf Impfung zu verklagen.

  37. Medicus sagt:

    Oh oh, diese Juristerei! Hier will man ohne medizinische Sachkenntnis festlegen können, wann ein „schwerer oder tödlicher Krankheitsverlauf“ vorliegt (Punkt 2. der Verordnung). Unter Buchstabe b.stehen dann neben genau definierten Krankheitsbezeichnungen auch „Autoimmunerkrankungen“, deren diagnostische Abgrenzung bei manchen Manifestationen wie bei Hashimoto sehr strittig ist (Schilddrüsenantikörper bedeuten nicht „Hashimoto. Ein Viertel bis ein Drittel der deutschen Frauen haben diese, ohne irgendwelche Symptome oder Beschwerden. Ich weiss schon, wir haben ein positives Recht. Gesetzesentwürfe werden formuliert und vom Bundestag beschlossen. In Verordnungen wird deren Ausführung festgelegt. Vor Gericht entscheiden dann oft Schöffen, also Laienrichter. „Vor Gericht bekommen Sie nicht Recht, sondern ein Urteil“, lautet ein Kalauer. „Es kommt auf die Unstände des Falles an“, sagen Juristen oft. Bitte, lieber AL, etwas juristische Flexibilität. Diese gibt es doch (s..o.).

  38. Adam sagt:

    Bei uns im Impfzentrum in NRW werden zur Zeit erstmal u.a. Richter und Staatsanwälte, Steuerfander und Gerichtsvollzieher geimpft. Als nächstes haben die Abgeordneten des Landtages ihren Anspruch bekundet. Beim örtlichen Hausarzt wurden letzte Woche vollkommen gesunde Mitdreißiger mit Biontek geimpft, es soll ein für sie glücklicher Zufall gewesen sein, die Rede war von außerordentlicher Impfstofflieferung usw. Die Eltern einer Bekannten, beide Mitte 60 bekamen schon vor Wochen die Impfung mit Biontek, glücklicherweise ist ihre Tochter bei deren Hausarzt angestellt und konnte die Impfung arrangieren… Und hier diskutiert man, ob Hashimoto Patienten priorisiert werden sollen oder nicht…

  39. Mario Gaab sagt:

    Antwort an Medicus:

    Nein, die diagnostische Abgrenzung bei Hashimoto ist nicht strittig. In einem Punkt haben Sie Recht: Antikörper können auch ohne vorliegen einer Hashimoto respektive Autoimmunerkrankung vorliegen. Gerade temporär können sich diese erhöht zeigen. Wer aber seine medizinische Diagnose auf Grund von Antikörpern stellt betreibt Fehldiagnosen. Dies lässt sich alleine schon dadurch ableiten, dass es auch seronegatives Hashimoto gibt, also ohne dem Vorkommen von Antikörpern.
    Valide Diagnosen bei Hashimoto stützen sich auf einen Ultraschall, nur dort lässt sich Hashimoto klar definieren und diagnostizieren mit entsprechendem inhomogenen, echoarmen Schilddrüsengewebe.
    Schlechte Diagnosen können Sie nicht als Grund zur Aufweichung dieser Verordnung missbrauchen, da liegt der Fehler bei Ärzten, nicht an der Einordnung von Hashimoto in Gruppe 3.

  40. Medicus sagt:

    Antwort an Mario Gaab: Natürlich kann ein M. Hashimoto klar abgegrenzt und diagnostiziert werden, aber: In Hashimoto-Selbsthilfegruppen begegnete ich vielen, meist Frauen, die den diagnostischen Kriterien nicht entsprachen, auch solche, die von Neurologen bei Enzephalopathie-Symptomen und dem Befund positiver, niedrigtitriger Schilddrüsenantikörper die Diagnose einer „Hashimoto-Enzephalitis“ gestellt bekommen haben. Und was Sie als „Fehldiagnosen“ bezeichnen, passiert leider oft, wie ich sehe, wenn in meine Praxis Patienten mit „Hashimoto-Erkrankung“ zugewiesen werden, die den diagnostischen Kriterien in keiner Weise genügen. In der Verordnung, die in der Einleitung von Prof. Schatz zitiert wurde (siehe oben Lit.1), sind die Autoimmunerkrankungen nicht in eine 3. Gruppe, sondern als Untergruppe b der Gruppe 2 eingereiht.

  41. Medicus sagt:

    Antwort an Mario Gaab: Natürlich kann ein M. Hashimoto klar abgegrenzt und diagnostiziert werden, aber: In Hashimoto-Selbsthilfegruppen begegnete ich vielen, meist Frauen, die den diagnostischen Kriterien nicht entsprachen, auch solche, die von Neurologen bei Enzephalopathie-Symptomen und dem Befund positiver, selbst niedrigtitriger Schilddrüsenantikörper die Diagnose einer „Hashimoto-Enzephalitis“ gestellt bekommen haben. Und was Sie als „Fehldiagnosen“ bezeichnen, passiert leider oft, wie ich sehe, wenn in meine Praxis Patienten mit „Hashimoto-Erkrankung“ zugewiesen werden, die den diagnostischen Kriterien in keiner Weise genügen. In der Verordnung, die in der Einleitung von Prof. Schatz zitiert wurde (siehe oben Lit.1), sind die Autoimmunerkrankungen nicht in eine 3. Gruppe, sondern als Untergruppe b der Gruppe 2 eingereiht.

  42. Johannes W. Dietrich sagt:

    Die Diagnostik einer Autoimmunthyreopathie ist nicht schwierig, hierfür gibt es klare Kriterien in den Leitlinien der Fachgesellschaften. Das Problem ist, dass diese Leitlinien kaum befolgt werden. Leider allzu oft werden Personen, die einmalig eine erhöhte TSH-Konzentration aufweisen, unkritisch auf L-Thyroxin eingestellt. Sie bekommen dann die Diagnose „Hashimoto-Thyreoiditis“ aufgedrückt, auch ohne Doppelbestimmung von TSH, ohne die Untersuchung peripherer Schilddrüsenhormone und ohne dass Sonographie oder Antikörper dafür sprechen.

    Leider wird immer wieder vergessen, dass TSH ein Stresshormon ist [1, 2]. Ein Drittel der „Hypothyreosen“ beruht wahrscheinlich auf einer Fehlklassifikation (s. den lesenswerten DGE-Blog vom 18. März, https://blog.endokrinologie.net/hypothyreote-patienten-nach-absetzen-von-thyroxin-4800/).

    Literatur:

    1. Aweimer A et al. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33179374/
    2. Dietrich JW et al. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33193077/

  43. Beppo sagt:

    Am Ende spiegelt diese Diskussion die deprimierende Versorgungslage von Hashimotokranken wider. Ob und wann wir geimpft werden, wird sich nun an anderen Faktoren festmachen, siehe Adam. Wer sich nicht anstellen kann im Gedrängel und kein Vit. B. hat, wird sowieso als Allerletzter drankommen nach allen Gesunden, wenn jetzt die Priorisierung aufgehoben wird.

    Das Durcheinander um Hashimoto aber ist nicht neu. Ich sehe keine andere Erkrankung, die so für nichtexistent erklärt wird wie Hashimoto. Hätte ich je meinen GdB von 100 dafür bekommen, wenn das Kind den Namen gehabt hätte? Wieso kann ich nirgendwo den Jodgehalt der Lebensmittel nachlesen? Warum wird weiter nur TSH gemacht, obwohl es Schicksale wie meines gibt? Medicus, ja es gibt auch Ärzte, die Hashimoto missbrauchen für Wunschdiagnosen. Ist so schön geeignet, weil wir eh nicht ernst genommen werden. Meine Neurologen wissen viel mehr über Hashimoto und den Autoimmunprozess als die Internisten. Wann wird sich das ändern?

  44. Mario Gaab sagt:

    Antwort an Medicus: Laut Bundesanzeiger sind Autoimmunerkrankungen in §4, Absatz 2 Unterpunkt b) zugeordnet. Im offiziellen Sprachgebrauch sind diese „Schutzimpfungen mit erhöhter Priorität“ mit Gruppe 3 benannt, die sich der numerischen Reihenfolge ergibt.
    Und noch mal: Fehldiagnosen hin oder her, sie sind in keinster Weise ein Kriterium der Verordnung. Klipp und klar werden Autoimmunerkrankungen dort genannt. Den Rest können Sie als fachliche Diskussion innerhalb der Ärzteschaft führen, aber Sie können nicht die Inkompetenz von Ärzten als Ausschlusskriterium einer Verordnung heranziehen.

  45. Mario Gaab sagt:

    Ich kann Beppo hier nur zustimmen. Die Behandlung von Hashimoto ist ein kafkaesker Alptraum. Real gesehen wird Hashimoto wie eine Schilddrüsenunterfunktion behandelt, die Krankheit selbst als kaum erwähnenswert betrachtet. Wie stark sie das Leben vieler Menschen einschränkt ist nicht annähernd bei Ärzten bekannt. Ebenso wenig wie eine richtige Behandlung von Hashimoto aussieht.
    Mit der Fixierung auf den TSH als Goldstandard wird ein Marker genommen, der so gut funktioniert wie ein Kompass in einer Welt ohne Pole. In einem gesunden Körper ist der TSH schon von vielen Dingen beeinflussbar. Bei Hashimoto als Systemerkrankung ist er schlicht nicht zu gebrauchen. Solange Ärzte ft3 und ft4 nicht lesen können und die eindeutigen Symptome eines Patienten ignorieren wird sich hier wenig ändern.
    Die Diskussion hier zeigt deutlich, dass Ärzte trotz eindeutiger Verordnung sich bemüssigt fühlen, Hashimoto als minderwertig zu betrachten.

  46. Medicus sagt:

    @Gaab: Inkompetenz der Ärzte? Wie ist denn die Kompetenz der Juristen? Besser aber jetzt Schluss mit unserem Geplänkel.m Es gibt Wichtigeres.

  47. Maja sagt:

    Man braucht sich nur die Leitlinien für Hausärzte anzuschauen, wo ausdrücklich empfohlen wird, sich ausschließlich nach dem TSH-Wert zu richten. Außerdem wird empfohlen, die Patienten bloß nicht nach den Symptomen zu fragen. Wie soll dann eine vernünftige Anamnese stattfinden, geschweige denn, eine, nach neuesten Erkenntnissen ausgerichtete, Behandlung. Die Fachgesellschaft wie DGE schaut einfach nur zu. Wo sieht man hier eine Verantwortung für die Gesundheit der Patienten?

  48. Johannes W. Dietrich sagt:

    Das ist eine wirklich interessante Diskussion. Ich bin überzeugt, dass die zitierte „Minderwertigkeit“ der Autoimmunthyreopathien auch daran liegt, dass die Diagnose inflationär gestellt wird und, wie oben von mir dargestellt, häufig zu Unrecht für Fälle vergeben wird, wo eigentlich ein ganz anderes Problem vorliegt. Eine echte Hashimoto-Thyreoiditis, und da haben viele der Diskutierenden hier völlig recht, ist eine systemische Erkrankung, die Probleme innerhalb und außerhalb der Schilddrüse schafft. Das gleiche gilt für die Ord-Thyreoiditis. Wir wissen gar nicht, ob die wirklich Betroffenen mit einem erhöhten Risiko bei COVID-19 konfrontiert sind, da die übliche Diagnostik eben leider zu ungenau ist.

    Denkbar wäre ein erhöhtes Risiko (und damit auch ein Benefit durch die Impfung, der über den ohnehin bestehenden in der Allgemeinbevölkerung hinausgeht). Mit der jetzigen diagnostischen Praxis kommen wir hiermit aber leider kaum weiter.

  49. Beppo sagt:

    Sehr geehrter Herr Dr. Dietrich,
    Danke für diesen Beitrag, das tut Hashimotopatienten wirklich gut. Ja, ich kann auch die inflationären Diagnosen sehen, das ist nicht zu bestreiten. Meine Endokrinologin berichtete es ebenfalls vor einigen Jahren, mit dem Nachsatz, meine Schilddrüse sei allerdings außerhalb jeder Diskussion mit den hohen Antikörpern und dem eindeutigen Ultraschall.
    Meine Neurologen sagen, Patenten wie ich mit der, soweit möglich, gesicherten Diagnose SREAT, zeichnen sich praktisch alle auch dadurch aus, dass die Schilddrüse weder wächst noch schrumpft und der Hormonbedarf eher niedrig und konstant ist. Streng genommen daher wohl weder Ord noch Hashimoto? Laut Neurologen sehen sie eher eine eigenständige nicht erforschte Schilddrüsenerkrankung, und SREAT als HIlfsdiagnose, bis die Forschung weiter ist. Aber da ich LT 75 nehme, habe ich offiziell Hashimoto. Wir sind schon eine ziemlich bunte Patientengruppe…

  50. Claudia sagt:

    Widerfährt den tatsächlich an Hashimoto erkrankten Patienten dann nicht Unrecht? Wenn ihnen die Impfung oder ein entsprechendes Attest versagt wird?

  51. Steffi sagt:

    Ich habe von meinem Nuklearmediziner mit der Diagnose Morbus Basedow ein Attest für die Prio 3 bekommen. Des Weiteren konnte ich mich im der Praxis angeschlossenen MVZ auf die Warteliste für die Impfung setzen lassen. (NRW).

    Was ist aus dem Vorschlag von Hans Klein geworden?

    „Wenn man den Abschnitt liest, kann allein durch einen Diagnoseschlüssel die Zugehörigkeit bestimmt werden. Irgendwo muss dann ja diese Liste existieren, die die Krankenkassen erstellt haben.“ Hat die DGE hier mal nachgeforscht?

    Es kann nicht sein, dass es von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich gehandhabt wird.

  52. Georg Mansmann sagt:

    Ein Kommentar verweist zurecht auf den Umstand, dass die Diskussion sich glücklicherweise bald erübrigt, da demnächst ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht …
    Eine kurze Anmerkung zu der oben zitierten Metaanalyse sei noch erlaubt (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7387272/):
    Diese qualitativ doch recht dürftige Arbeit belegt keinesfalls einen Zusammenhang zwischen Hashimoto u. Mortalität bei SARS-CoV2. Zumindest die größten Einzelstudien der genannten Analyse beschreiben lediglich sehr grob die Patientencharakteristika „Thyroid disease“, „Thyroid gland problem“ oder „Hypothyroidism“, ohne diese bunte Mischung weiter zu beschreiben. Möglich sind z.B. Störfaktoren, wie die fälschliche Wertung erhöhter TSH-Werte als Hypothyreose, wenn diese lediglich durch eine Adipositas bedingt sind, die ja selbst mit einer schlechteren Prognose bei Covid-19 einhergeht. Einen Beleg stellen diese zusammengeschusterten Daten ganz sicher nicht dar.

  53. Beppo sagt:

    Herr Mansmann, um sichere Belege gehts nicht. Die gibt es bei den meisten Erkrankungen nicht. Wollen Sie mir erzählen, jemand, der priorisiert ist wegen Krebserkrankung in der ferneren Vergangenheit, habe ein erhöhtes Risiko? Nicht einmal bei COPD konnte man das tatsächlich feststellen. Aber bei Hashimoto ist der erste Reflex, die haben ja gar nichts. Jemandem, der wegen Hashimoto berentet wurde und schwerbehindert ist, macht das keinen Spaß.

    Und dass diese Diskussion sich bald erübrigt, glaube ich auch nicht. Jetzt wo alles freigegeben wird, dürfte es für Schwerkranke, Behinderte und Alte noch viel schwerer werden, eine Impfung zu bekommen. In meinem Umkreis sehe ich viele Menschen dieser Gruppen, die wenigsten Nicht-Mobilen sind bisher geimpft, nur Heimbewohner. Ich bin in meiner Familie die einzige Behinderte, natürlich die einzige Nichtgeimpfte. Wir werden uns nun im Urlaubsimpfgedrängel erst recht nicht in lange Warteschlangen begeben…, schaffen wir nämlich nicht.

  54. Real- Bürger sagt:

    @Jurist 21, AL, Mario Gaab & Co.: Weltärztepräsident Montgomery kritisiert die „kleinen Richterlein“, welche mit juristischen Begriffen wie „Verhältnismäßigkeit“ etc. schwierig getroffene, wissenschaftlich und politisch begründete Entscheidungen ausser Kraft setzen möchten. Gehören Sie nicht auch zu solchen (realitätsfernen Formal-)Juristen?

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