Bochum, 18. März 2021:
In der Zeitschrift „Thyroid“ erschien online ein Artikel von Burgos et al. (1) über eine Metaanalyse von 17 Studien, in welchen insgesamt 1103 Patienten , davon 86% weiblich, nach Absetzen einer Behandlung mit Thyroxin (T4) im Mittel 5 Jahre lang überprüft wurden. Die meisten hatten T4 wegen einer subklinischen Hypothyreose erhalten (erhöhtes TSH bei peripheren Schilddrüsenhormonwerten im Referenz-(„Normal“)- bereich). Etwa ein Drittel (35.6%) der Patienten verblieb euthyreot. Bei manifester Hypothyreose waren es 11.8%. Parameter, die gegen das Verbleiben in Euthyreose nach Absetzen des T4 sprachen waren unter anderem wechselnde Echogenität der Schilddrüse im Ultraschall, erhöhtes TSH (8-9 mU/L) und das Vorliegen von Schilddrüsenantikörpern.
Kommentar
Die deutsche Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlicher Medizinischer Fachverbände (AWMF) hat in ihrer letzten Leitlinie, gültig bis 31.5.2021 schematisch dargestellt, wann man bei einem erhöhten TSH-Wert Thyroxin verordnen oder kontrollierend abwarten soll (2). Dabei sind nicht nur Laborwerte, sondern auch klinische Parameter und der Wille des Patienten zu berücksichtigen („shared decision“). Dass diesen differenzierten Empfehlungen in der Hausarztpraxis insbesondere bei subklinischen Hypothyreosen wohl nicht immer voll entsprochen werden konnte zeigt diese Metaanalyse an über 1000 Patienten.
Thyroxin zählt zu den meistverschriebenen Medikamenten sowohl in des USA (3) als auch bei uns. Das Studienergebnis wird gewiss die interessierte Ärzteschaft motivieren, den Leitlinien möglichst genau zu folgen, auch wenn das Resultat letztlich nicht immer gemäss dem Algorithmus (vgl. 4) der AWMF-Leitlinie (2) ausfallen dürfte.
Helmut Schatz
Literatur
(1) Nydia Burgos et al.: Clinical Outcomes After Discontinuation of Thyroid Hormone Replacement: A Systematic Review and Meta-Analysis.
Thyroid ahead of print Dec. 29, 2020.
http://doi.org/10.1089/thy.2020.0679
(2) Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlicher Medizinischer Fachverbände (AWMF): Erhöhter TSH-Wert in der Hausarztpraxis. awmf.org
(3) Helmut Schatz: L-Thyroxin das meistverschriebene Medikament des letzten Jahres in den USA.
DGE-Blogbeitrag vom 16. Juni 2014
(4) Helmut Schatz: Algorithmus.
DGE-Blogbeitrag vom 1. Oktober 2016
Müdigkeit und Antriebslosigkeit:
Zehn bis fünfzehn Prozent aller mit T4 behandelten Personen leiden unter Beschwerden wie Antriebslosigkeit oder Müdigkeit. MedUni Wien: Ein Team um Michael Krebs von der Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel der MedUni Wien erprobte nun im Rahmen einer Studie den Einsatz einer speziellen Art der Magnetresonanz (MR) – Untersuchung, um die Wirkung auch im Körpergewebe zu messen. Dabei gelang es, im NMR-Spektroskop sichtbare phosphorhaltige Verbindungen als Marker der Schilddrüsenhormonwirkung im Gewebe zu identifizieren. Die Studie wurde im Topjournal “Journal of Clinical Endocrinology and Metabolism” publiziert.
https://academic.oup.com/jcem/article-abstract/105/12/e4866/5908058?redirectedFrom=fulltext
Wird es in Zukunft eine Lösung geben, damit die Antriebslosigkeit und Müdigkeit beseitigt werden kann? Ich freue mich auf die Antworten der Experten dazu. Danke.
Hallo Herr Schatz,
ich wurde nach Fortbestand von Beschwerden wie starker Müdigkeit und Gewichtszunahme nach langer T4 Therapie (täglich 75mikrogramm) auf eine, bzw. am nächsten Tag halbe Tablette Prothryd umgestellt. Zunächst hatte ich täglich eine Tablette genommen, doch das hat zu einem zu niedrigen TSH-Wert geführt. Mein Hausarzt hat alternativ auch vorgeschlagen, dass wir die Tabletten versuchsweise mal absetzen könnten, da auch bei der neuen Behandlung die Symptome nicht wesentlich besser sind. Gilt es hier bestimmte Dinge zu beachten? Macht das aus ihrem Standpunkt als Versuch Sinn?
Liebe Grüße
Lisa
Stellen Sie sich so ein, dass das fT4 und das basale TSH im Referenz(„Norm-„) bereich liegen, ob mit oder ohne Schilddrüsenhormon.