Nach Ostern kehrt Alirocumab zurück auf den deutschen Markt – in den bekannten Dosierungen von 75 und 150 mg alle 2 Wochen s.c. sowie neu in der höheren Dosierung von 300 mg s.c. nur 1 x im Monat mit einem neuen Pen.
ODYSSEY CHOICE I – Studie (1):
In dieser randomisierten, doppelblinden plazebokontrollierten, multinationalen Phase III -Studie wurden 803 Patienten mit unterschiedlich erhöhtem kardiovaskulären Risiko 48 Wochen lang gegenüber Plazebo mit Alirocumab 300 mg s.c. 1x monatlich versus 75 mg alle 2 Wochen oder (mit Dosistitration) 150 mg alle 2 Wochen behandelt.
Nach 24 Wochen betrug die mittlere Veränderung des LDL-C gegenüber dem Ausgangswert mit Alirocumab 300 mg, 1x monatlich, -58.8%, mit Plazebo – 0,1% (p < 0,0001); nach 48 Wochen waren es – 51,9% vs. +6,2%.
In Woche 24 erreichten 85,2% der Patienten, die Alirocumab 300 mg 1x monatlich erhielten, LDL-C-Werte von <70 mg/dl (1,8 mmol/L) oder <100 mg/dl (2,6 mmol/l), abhängig von ihrem kardiovaskulären Risiko. In Woche 48 erreichten 78,2% der Patienten mit Alirocumab 300 mg ihre vordefinierten LDL-C-Ziele.
Sydney-Studie (2):
Diese multizentrische, randomisierte, open Label Phase III Studie untersuchte 16 Wochen lang über die Wirksamkeit und Sicherheit hinaus die Patientenakzeptanz (Benutzerfreundlichkeit) von monatlich 1x Alirocumab 300 mg s.c. mit dem neuen 2 ml – Fertigpen versus 2x 150 mg in 2 Fertigpens zu 1 ml, auch 1x im Monat injiziert, bei 69 Patienten mit heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie oder Hypercholesterinämie mit hohem oder sehr hohem kardiovaskulären Risiko und LDL-C > 70 mg/dl (> 1,8 mmol/l). Primärer Endpunkt war der Anteil der produkttechnischen Beanstandungen im Zusammenhang mit den unbeaufsichtigten Injektionen in den Wochen 4, 8 und 12.
Die LDL-C-Senkung bis zu 66,2% wurde bis Woche 16 beibehalten, unabhängig ob 300 mg als zwei Einzelinjektionen zu 150 mg, auf einmal pro Monat verabreicht, oder im Einmalpen mit 1x monatlich 300 mg injiziert wurden.
Die Akzeptanz der Behandlung wurde bewertet anhand von 3 Patientenfragebögen. Die meisten Patienten bewerteten den Autoinjektor-Pen und den monatlichen Pen als „sehr einfach“ in der Anwendung, mit mittleren Patientenerfahrungswerten ≥ 9,8 für beide Pens auf einer Skala von 1 [„sehr unzufrieden“] bis 10 [„sehr zufrieden“]. Es ergaben sich keine technischen Beanstandungen oder Sicherheitsbedenken im Vergleich zum bisherig verfügbaren 1-ml-Autoinjektor-Pen.
Kommentar
Das lipidsenkende Armentarium wird nun wieder in Deutschland um den zweiten monoklonalen Antikörper, einen Inhibitor der Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ-9 (PCSK9i) erweitert, kurz nachdem ein neuer therapeutischer Ansatz über Beeinflussung von PCSK9 durch siRNA ( Inclisiran, Präparat Leqvio® s.c.) verfügbar wurde (3,4). Seit November 2020 ist in der EU zur Lipidsenkung auch Bempedoinsäure (Lit. 5: orales Präparat Nilemdo®, kombiniert mit Ezetimibe/Ezetrol®: Nustendi®) zugelassen. Sowohl für Alirocumab (Praluent®) als auch Evolocumab (Repatha®) wurde eine kardiovaskuläre Risikoreduktion (ODYSSEY OUTCOMES bzw. FOURIER Studien) gezeigt (vgl. 6, siehe auch 7), während bei Inclisiran die kardiovaskuläre Outcome-Studie noch läuft (ORION-4).
Objektive Vergleiche in Head-to-Head – Studien zwischen des beiden monoklonalen Antikörpern Alirocumab und Evolocumab sind der Referentin (U.S.) nicht bekannt,
subjektiv zeigten sich nach ihrer Erfahrung aber durchaus individuelle Unterschiede in Verträglichkeit und Toleranz der beiden PCKS9-Inhibitoren, so dass die Wiederkehr der zweiten Substanz von Ärzten wie auch Betroffenen sehr zu begrüßen ist: Viele Patienten sprachen im Diskussionsteil nach den betreffenden DGE-Blogbeiträgen Probleme an und baten um (Fern-)Beratung, die von der Referentin U.S. (alias „Dr. Junghans“) auch erfolgte.
Facit:
Bei Alirocumab stehen ab Ostern 2021 in Deutschland wieder zwei verschiedene Dosierungen für eine vierzehntägige sc. Injektion zur Verfügung (75 mg und 150 mg); Evolocumab wird wie bisher in der Dosierung von 140 mg aller 2 Wochen verabreicht. Als Einmal-Monatsgabe steht nun neu für Alirocumab der 300 mg – Fertigpen zur Verfügung; bei Evolocumab gibt es schon lange einen 420 mg – Autoinjektor zur Monatsinjektion. Ob nun zweiwöchentlich oder 1 x monatlich und welche der beiden Substanzen appliziert werden soll, kann nach der gegenwärtigen Datenlage aus der Sicht der Referentin anhand der Patientenpräferenz in einer „shared decision“ entschieden werden.
Ulrike Schatz
Literatur
(1) Eli M. Roth et al.: A phase III randomized trial evaluating alirocumab 300 mg every 4 weeks as monotherapy or add-on to statin: ODYSSEY CHOICE I.
Atherosclerosis 2016 Nov; 254:254-262
(2) Juan Pablo Frias et al.: The SYDNEY Device Study: a multicenter, randomized, open-label usability study of a 2 ml Alirocumab Autoinjector Device.
Clinical Therapeutics. 2019;42(1):94-107.
(3) Helmut Schatz: PCSK9-Hemmung statt durch Antikörper mit siRNA-Technologie oder durch Impfung.
DGE-Blogbeitrag vom 19. Oktober 2016
(4) Helmut Schatz: Cholesterinsenkung mit Inclisiran (Handelsname: Leqvio®) zur halbjährlichen s.c. Injektion.
DGE-Blogbeitrag vom 24. Februar 2021
(5) Helmut Schatz: Bempedoinsäure zur Senkung des LDL-Cholesterins in den USA approbiert.
DGE-Blogbeitrag vom 3. März 2020
(6) Ulrike Schatz: Die neue AHA/ACC-Cholesterin-Praxis-Leitlinie 2018.
DGE-Blogbeitrag vom 4. Dezember 2018
(7) Ulrike Schatz: Odyssey Escape Studie. Unter PCSK9-Hemmer Alirocumab konnte die LDL-Apherese bei ca. zwei Drittel der Patienten abgesetzt werden.
DGE-Blogbeitrag vom 5. September 2016
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