Bochum, 25. Januar 2019:
Eine Autorengruppe um U. Barroso Jr. als Seniorautor von der Universität Bahia in Brasilien untersuchte übergewichtige Frauen vor und 6 Monate nach Bariatrischer Chirurgie und fand eine Steigerung der Sexualfunktion (1).
An der prospektiven Studie von April 2015 bis April 2016 nahmen 62 übergewichtige Frauen mit einem mittleren Alter von 36.8 Jahren teil. Der Body Mass Index (BMI, kg/m2)) betrug vor einem Roux-en-Y – Magenbypass im Mittel 40.0, nachher 30.7. Vor der Operation und 6 Monate nachher wurde die Sexualfunktion mit dem Female Sexual Function Index (FSFI) bestimmt (2). Dieser hatte sich im Mittel bei allen Patientinnen verbessert, mit statistisch signifikanten Änderungen in allen 6 Domänen des Fragebogens: 16% der Frauen berichteten eine Verbesserung der Libido, 25% in der sexuellen Erregung, 17% im Feuchtwerden von Vulva und Vagina, 29% im Orgasmus, 33% in der Zufriedenheit und 8% im Schmerzempfinden (siehe Tabelle).
Tabelle aus Lit. (1): Female Sexual Function Index scores before and 6 months after bariatric surgery
Median FSFI Scores | |||
Domain | Baseline | After 6 months | P value |
Desire | 3.6 (1.8–4.2) | 4.2 (3.6–5.4) | < .01 |
Arousal | 3.6 (2.4–4.5) | 4.5 (3.8– 5.4) | < .01 |
Lubrication | 4.1 (2.7–5.1) | 4.8 (3.8–5.7) | < .01 |
Orgasm | 3.4 (2.0–5.2) | 4.4 (4.0–5.6) | < .01 |
Satisfaction | 3.6 (2.0–4.8) | 4.8 (4.3–6.0) | < .01 |
Pain | 4.8 (2.4–6.0) | 5.2 (4.0–6.0) | < .01 |
Total | 22.8 (15.9–28.5) | 27.2 (25.3–30.8) | < .01 |
Die Frequenz des Geschlechtsverkehrs hatte ebenfalls in 3 von 12 erfaßten Koitus-Positionen zugenommen (siehe Abbildung aus der Originalarbeit): 35% für Position 7 (P = .04), 82% für Position 8 (P = .04), und 95% für Position 12 (P = .001)..
Dieses Bildvorlage wurde 2014 zur Erfassung der Mobilität nach totalem Hüftersatz entwickelt (3).
Kommentar
Die Befunde sind zwar interessant, bei im Durchschnitt etwa 36-jährigen Frauen aber nicht übermäßig verwunderlich. Der Effekt der Chirurgie auf die Sexualfunktion scheint nach den Erfahrungen von Dr. Marc Bessler, Direktor des Centers for Metabolic Weight Loss Surgery an der Columbia-Universität New York insbesondere im 1. postoperativen Jahr ausgeprägt (4). Von mehreren anderen Spezialisten der Bariatrischen Chirurgie wurde darauf hingewiesen, dass diese Befunde als multifaktoriell verursacht gesehen werden müssen: Es sind nicht nur körperlich / anatomische Faktoren, sondern auch mentale und psychische Gründe wie Verbesserung des Selbstvertrauens, des eigenen Körperbildes und medizinische Gründe wie Verbesserung von Erkrankungen wie Diabetes, Schlaf-Apnoe und hormonelle Dysfunktionen. Wenn Patientinnen nach möglichen sexuellen Auswirkungen der Bariatrischen Chirurgie fragen, soll und muss man natürlich antworten; Verbesserungen der Geschlechtsfunktion solle man eher nicht von sich aus als einen potenziellen Operationseffekt ansprechen (3).
Helmut Schatz
Literatur
(1) Claudia Fernandes de Almeida Oliveira .Ubirajara Barroso Jr. (2018): Changes in sexual function and positions in women with severe obesity after bariatric surgery.
Sexual Medicine online 1 December 2018.
https://doi.org/j.esxm.2018.10.001
(2) R. Rosen et al.: The Female Sexual Function Index (FSDI): A multidimensional self-report instrument for assessment of female sexual function.
Journal of Sex & Marital Therapy, 2000. 26:191-2018
https://doi.org/10.1080/0092623002785597
(3) C. Charbonnier et al.: Sexual activity after total hip arthroplasty: a motion capture study.
Journal Arthroplasty, 2014. 29: 640-647
(4) In: Marilyn Larkin: Bariatric surgery may boost sexual function in women.
Reuters Health, January 22, 2019.
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