Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Homöopathie jetzt auch in Bayern als Zusatzbezeichnung aus der Weiterbildungsordnung gestrichen


Bochum, 25. Oktober 2021:

Auf dem 80. Ärztetag der Bayerischen Landesärztekammer vom 15.-17. Oktober 2021 in Hof (1) wurde mit großer Stimmenmehrheit die Zusatzbezeichnung „Homöopathie“ aus der Weiterbildungsordnung gestrichen (2). Von den 28.000 in Bayern niedergelassenen Ärzten führen etwa 400 diese Bezeichnung, mit einem jährlichen Zuwachs von zuletzt 10–12 Kolleginnen und Kollegen. Eine bereits erworbenen Zusatzbezeichnung kann aber weitergeführt werden und Ärztinnen und Ärzten bleibt es unbenommen, homöopathische Verfahren und Medikamente in ihrer Praxis anzuwenden. Die Abrechenbarkeit homöopathischer Leistungen bei den Versicherungsträgern bleibt davon unberührt.

Vorangegangen war eine Pro- und Kontra- Diskussion, wobei unter anderem als Pro-Argument gebracht wurde, dass etwa 55% der Bevölkerung Deutschlands die Homöopathie nutzen, und als Kontra-Argument, dass sie wirkungslos sei, wie die negative Gesamtevidenz zur Homöopathie zeige: Elf systematische Reviews seit 1991 hätten dies ausnahmslos belegt.

Auf Grundlage des Beschlusses des 121. Deutschen Ärztetages zur Vereinheitlichung der Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern haben deutschlandweit schon einige Länder vor Bayern die Homöopathie als Zusatzbezeichnung gestrichen, so Bremen und Sachsen-Anhalt.

Der Weltärztebund führt in der „WMA Declaration on Pseudoscience and Pseudotherapies in the Field of Health” im Jahre 2020 aus: “Mit Unterstützung der zuständigen Behörden und Organisationen, welche an den Regelungen für den Ärztestand mitwirken, müssen Ärzte in ihrer Berufausübung die aktuellen kritischen wissenschaftlichen Erkenntnisse, fachlichen Fähigkeiten und die Ethik berücksichtigen. Ärzte sollen Pseudowissenschaft und Pseudotherapien, logische Irrtümer und kognitive Verzerrungen erkennen, um Ihre Patienten entsprechend beraten zu können“.

Kommentar

Auf dem virtuellen Kongress der Deutschen Diabetes-Gesellschaft 2021 hielt der Pharmakologe Prof. Ingo Rustenbeck aus Braunschweig ein Referat über Glycowohl, ein in der Laienpresse breit beworbenes pflanzliches Präparat zur Regulierung des Zuckerstoffwechsels: „Was ist Glycowohl? Homöopathikum, Phytotherapeutikum, Antidiabetikum?“ Darin setzte er sich eingehend mit dem Begriff der Homöopathie  und deren Einordnung in unser derzeitiges Gesundheitswesen auseinander, wie im DGE-Blogbeitrag vom 22. Mai 2021 nachgelesen werden kann (3).  Ein weiterer Blogbeitrag vom 5. Juni 2021 (4) befasst sich ebenfalls mit diesem Themenkreis, basierend auf der Eröffnungsrede des Präsidenten des Wiesbadener Internistenkongresses 1997, Prof. Johannes Köbberling. Er sprach über „Wissenschaft und Paramedizin“ und führte aus, dass man die Paramedizin früher als Kurpfuscherei bezeichnet habe, heute häufig vornehmer als „unkonventionelle medizinische Verfahren“ , zunehmend den positiv besetzten Begriff “Alternativmedizin“ verwende, oder ganz modern und vermeintlich aufgeklärt als „Komplementärmedizin“. Er besprach außer der Homöopathie auch die anthroposophische Medizin und die Phytotherapie, für die als  „besonderen Therapieeinrichtungen“  eigene Zulassungregelungen gelten.

Das ist ein weites Feld
heißt es im Roman „Effi Briest“ (1896) von Theodor Fontane
(und auch im Roman „Der Nachsommer“ (1857) von Adalbert Stifter)

Helmut Schatz

Literatur

(1) Bayerisches Ärzteblatt, 1. September 2021: Zusatzbezeichnung Homöopathie.
https:www.bayerisches-aerzteblatt.de/inhalte/details/news/detail/…

(2) Medscape, 24. Oktober 2021: Jetzt auch in Bayern: Ende der Homöopathie als Zusatzbezeichnung ab August 2022.
https:deutsch.medscape.com/artikelansicht/4910460?uac=17526…

(3) Ingo Rustenbeck: Glycowohl bei Diabetes – heftig beworben in deutschen Zeitungen.
DGE-Blogbeitrag vom 22. Mai 2021

(4) Helmut Schatz: „Wissenschaftspluralismus“ – Wissenschaft und Wahrheit.
DGE-Blogbeitrag vom 5. Juni 2021

Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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