Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Semaglutid in Frühstadien von Morbus Alzheimer?


Bochum, 11. Mai 2023:

Reuters Health Care  berichtete am 9. Mai 2023, dass Novo Nordisk seit 2021 an tausenden Patienten im Frühstadium einer Alzheimer-Erkrankung zu untersuchen begann, ob durch Semaglutid die Progression zur Demenz aufgehalten werden kann (1). Resultate werden im Jahre 2025 erwartet.

Suzanne Craft, Professorin  für Gerontologie und Geriatrische Medizin von der Wake Forest University, einer Privatuniversität in North Carolina, USA  berichtete in einem  Hauptvortrag auf der Wissenchaftlichen Alzheimer-Tagung 2022 über antidiabetische Medikamente, von denen man sich eine Verzögerung der Krankheitsprogression erhofft. Seit langer Zeit untersuche man schon, ob  Antidiabetika wie Insulin oder Metformin die Amyloidbildung im Gehirn und die inflammatorischen Vorgänge beeinflussen können. So laufe gegenwärtig eine Studie über intranasales Insulin in Kombination mit einem anderen Antidiabetikum.

Die meisten experimentellen Alzheimer-Medikamente warfen bisher Fragen auf und ergaben widerprüchliche oder negative Resultate. Neuere positive Effekte wurden von Eisai Co  Ltd zusammen mit Biogen und Lilly &Co erzielt: Sie beobachteten eine Abnahme der Amyloidablagerungen und eine Verlangsamung des Verfalls der Kognition. Laut Suzanne Craft könnten Antidiabetika den Erfolg von Anti-Amyloid- Medikamenten verstärken. Deren modulierende Funktion auf die immunologischen Vorgänge könnte verhindern, dass weiter Amyloid gebildet und abgelagert wird.

Das Interesse der pharmazeutischen Firmen ist sehr groß, es richtet sich heute aber nicht auf das patentfreie, billige Metformin, sondern auf die GLP-1-Rezeptoragonisten. Vier Firmen warten bereits auf die Ergebnisse der großangelegten Studie von Novo Nordisk mit Semaglutid. Ivan Koychev, neuropsychiatrischer Konsulent des Oxford University Hospitals Foundation Trusts testet zur Zeit bereits Semaglutid mit dem Ziel, frühestmöglich die Veränderungen bei Risikopatienten für Alzheimer aufzuhalten. Epidemiologische Studien hatten ergeben, dass Menschen damit ein geringeres Demenz-Risiko haben, und das bei einem wesentlich kleineren Risiko für ernste Nebenwirkungen wie mit anderen  gegen  Amyloid gerichtete Therapien.

Novo Nordisk hält sich mit näheren Angaben an Reuters Health Care zu ihrer Studie mit Semaglutid zurück. Lilly und Pfizer haben mit ihren eigenen GLP-1-Analoga  starkes Interesse. Die kleineren Firmen Neuraly (USA) und Kariya Pharmaceuticals (Dänemark), die GLP-1-Analoga gegen Morbus Parkinson entwickeln, könnten mit ihren Medikamenten auch in Studien bei Alzheimer einsteigen.

Kommentar

Die weitere Entwicklung der Indikationen für GLP-1-Analoga boomt, und mit großem Interesse kann  man Ähnliches bei den Twincretinen wie dem dualen Agonisten Tirzepatid,  der für den Diabetes-2 als Mounjaro bereits zugelassenen ist (2),  und den Triagonisten (3, 4) wie LY3437943 aus Glukagon, GIP und GLP-1 Agonisten, in Phase Ib für Diabetes-2 abwarten.

Helmut Schatz

Literatur

(1) Natalie Grover: After Weight Loss. Alzheimer´s May Be Next Frontier for Drugs Like Ozempic.
Reuters Health Information, 9. Mai 2023

(2) Helmut Schatz: Tirzepatide, ein Twincretin aus GIP und einem GLP1-Rezeptor-Agonisten.
DGE-Blogbeitrag vom 25. Juni 2021

(3) Helmut Schatz: Neues vom Europäischen Diabeteskongress 2022 in Stockholm.
DGE-Blogbeitrag vom 6. Oktober 2022

(4) Zvonko Milicevic et al.: Lancet 2022: 400(10366 ):1869-1881
doi.1016/S0140-6736(22)02033-5

Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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