Bochum, 22. Juli 2015:
Die Europäische Arzneibehörde EMA prüft, ob das Diabetes-Medikament Saxagliptin (Onglyza®, Kombiglyze®) die Sterblichkeit erhöht, wofür es Hinweise (nicht-signifikant) in der großen Herz-Kreislauf-Sicherheitsstudie SAVOR-TIMI53 gegeben hatte, wie die französische Arzneibehörde ANSM (Agence Nationale de Sécurité du Médicament et des produits de santé ) jetzt publik gemacht hatte (1).
In der SAVOR-TIMI53 Studie an über 16 000 Patienten verstarben im Studienzeitraum einschließlich einer 2-jährigen Nachbeobachtungszeit etwa 800 Patienten: Im Saxagliptin-Arm 416 von 8240 Patienten (5.1%), unter Plazebo 376 von 8173 (4.6%). Die Hazard Ratio HR von 1.10 war jedoch nicht signifikant. Wenn man aber, wie von der Amerikanischen Arzneibehörde FDA veranlasst, Sensitivitätsuntersuchungen nur im eigentlichen Studienzeitraum anstellte und die zwei Jahre Nachbeobachtungsperiode wegließ, stieg die HR an, ergab aber einen signifikanten Wert der HR von 1.23 nur dann, wenn man den Zeitraum von 7 Tagen nach Behandlungsende einbezog. Nahm man 30 Tage nach Therapieende dazu, betrug die HR 1.18 (n.s.). Hauptursache für die erhöhte Gesamtmortalität unter Saxagliptin waren vermehrte Infektionen wie Pneumonien und Sepsis. Infektionen verschiedener Organsysteme werden im deutschen Beipackzettel als „häufige“ Nebenwirkungen aufgelistet (Tabelle 1 auf Seite 3).
Kommentar
Im Jahre 2014 fand eine Überprüfung der kardiovaskulären Sicherheit von Saxagliptin durch die FDA statt. In der SAVOR-TIMI53-Studie hatte man keine Erhöhung des Herz-Kreislauf-Risikos gefunden (welches viele eigentlich gesenkt erwartet hatten), jedoch einen unvorhergesehenen signifikanten Anstieg der Krankenhauseinweisungen infolge Herzinsuffizienz (2). In einem DGE-Blogbeitrag wurde darüber berichtet (3). Ein diesbezüglicher Warnhinweis für die Packungsbeilage wurde vom Beratergremium der FDA empfohlen (4). Der deutsche Beipackzettel für Saxagliptin enthält eine Anwendungsbeschränkung bei Herzinsuffizienz NYHA III und IV. Jetzt steht auch noch die Gesamtmortalität, vor allem infolge von vermehrten Infektionen unter Saxagliptin auf dem Prüfstand. Im Moment handelt es sich bei der Problematik „Herzinsuffizienz“ und der möglicherweise erhöhten Gesamtmortalität infolge von Infektionen um ernstzunehmende Hinweise, die behördlich überprüft werden. Von deren Resultat wird es abhängen, ob sich Konsequenzen für Verordnung und Anwendung von Saxagliptin ergeben. Gegenwärtig sollten Patienten Saxagliptin nicht selbst absetzen, sondern mit ihrem Arzt darüber sprechen.
Die Firma AstraZeneca bewirbt seit einiger Zeit intensiv Saxagliptin im Internet auf verschiedenen Plattformen mit seiner „kardiovaskulären“ Sicherheit.
Helmut Schatz
Literatur
(1) ANSM: Saxagliptine (Onglyza et Komboglyze): analyses complémentaires sur le risque de mortalité par infection – nonnées de l´étude SAVOR – point d´Information. 24/06/2015.
http://ansm.sante.fr/S-informer/Actualite/Saxagliptine-Onglyza-et…
(2) Scirica BM et al.: Saxagliptin and cardiovascular outcomes in patients with type 2 diabetes mellitus.
New Engl J Med. 2013. 369:1317-1326
(3) Schatz H: Herzinsuffizienzrisiko unter Saxagliptin wird von Amerikanischer Arzneibehörde FDA überprüft.
DGE-Blogbeitrag vom 14. Februar 2014
(4) Schatz H: FDA-Advisory Board: Warnhinweis für Herzinsuffizienz unter Saxagliptin und Alogliptin.
DGE-Blogbeitrag vom 25. April 2015
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