Bochum, 5. Dezember 2022
Am 28. November 2022 erschien in JAMA Pediatrics eine randomisierte Studie (RCT) zur Gabe von Vitamin D an 8851 Schulkinder (6-13 J., 49.3% weibl.) über 3 Jahre (2016-2018) aus Ulan-Bator und Umgebung in der Mongolei. Diese Region ist bekannt für ihren ausgeprägten Vitamin D-Mangel. Ausgeschlossen wurden Kinder mit positivem Tuberkulosetest, Erkrankungen oder Medikamenten mit Einfluss auf den Vitamin D –Stoffwechsel, Vitamin D –Supplementen, Rachitiszeichen u.a.. In der Verum-Gruppe war der Vitamin D – Spiegel unter wöchentlicher oraler Gabe von 14.000 IU Vitamin –D nach 3 Jahren auf 31.0 ng/ml angestiegen, unter Placebo veränderte er sich praktisch nicht und lag nach 3 Jahren bei 10.7 ng/ml. Es fand sich kein Einfluß der Vitamin D-Gabe auf Wachstum, Körperzusammensetzung oder Pubertätsverlauf (1).
Methodik
Untersucht wurden der z-Score von Größe für das Alter, der Body Mass Index für das Alter, die waist-to-height– ratio, der prozentuale Körperfettanteil, die Fettmasse, die freie Fettmasse sowie das Tanner-Stadium der Pubertätsentwicklung mit und ohne wöchentlich oral 14.000 IE Vitamin D –Zufuhr über 3 Jahre ..
Ergebnis
Zu Beginn der Studie fanden sich die basalen Vitamin-D – Spiegel der Kinder in 31.8% unter 10 ng/ml , bei 63.7% von 10 – 19.9 ng/ml, bei 4.3 % von 20 bis 29.9 ng/ml und bei 0.1% von 30 ng/ml und darüber. Der mittlere Spiegel von Vitamin D betrug zu Studienbeginn sowohl in der Vitamin-D –Gruppe als auch in der Plazebo-Gruppe 11.9 ng/ml. Nach 3 Jahren Vitamin D war der Serumspiegel auf im Mittel 31.0 ng/ml angestiegen, unter Plazebo verharrte er im tiefen Bereich von im Mittel 10.7 ng/ml. Es fand sich kein Unterschied in den Parametern für Körperwachstum , Körperzusammensetzung und Entwicklungstadium (s.o.).
Kommentar
Diese Studie ist deshalb besonders interessant, da sie ganz überwiegend an Menschen mit sehr tiefem Vitamin-D- Spiegeln durchgeführt wurde. Hier erfolgte die Vitamin- D- Gabe – im Unterschied zu den zahlreichen, vorliegenden RCT´s (s.u. Tabelle aus Lit. 2) – an Menschen mit Vitamin-Mangel (10-19.9 ng/ml) und – Defizit (< 10 ng/ml). Einschränkend muss man bedenken, dass gerade die Patienten, die Hinweise oder klinische Zeichen eines Vitamin D –Mangels hatten (Rachitis!) vonder Studie ausgeschlossen wurden. Auch kann man spekulieren, so wie bei allen Untersuchungen mit Vitamin D, ob Dosis , Art, Zeitpunkt und/oder Dauer der Vitamin-D-Gabe eine Rolle gespielt haben. Wenn Menschen mit der Mendelschen Randomisierung studiert wurden, so fanden sich die übergeprüften Mortalitäten bei so tiefen Vitamin-D – Werten signifikant angestiegen (3). Man muß also auf Ergebnisse weiterer Untersuchungen warten, die speziell auch Gruppen von Menschen mit tiefem Vitamin-D überprüfen, was bei klinischen Studien aus ethischen Gründen schwierig sein dürfte.
Tabelle: Gegenüberstellung von Beobachtungsstudien und Randomisierten kontrollierten Studien (aus Lit. 2)
- Perry Wilson schreibt in seinem Medscape-Artikel über die Studie aus der Mongolei (1) zum Schluss : „If low vitamin levels are linked to…. ..but supplementation doesn´t fix the problem, then we have to fix what is upstream of the problem. We need to boost vitamin D levels not through supplements. But through nutrition, exercise, activity, and getting outside. That´s a randomized trial you can sign me up for any day“ (2) .
Es ist aber zu berücksichtigen, dass zuviel der Sonne wiederum das maligne Melanom und die heute bei uns zunehmenden aktinischen Keratosen mit der Folge von weißem Hautkrebs begünstigt.
Helmut Schatz
Literatur
(1) Davaasambuu Ganmaa et al.: Influence of Vitamin D Supplementation on Growrth, Body Composition, and Pubertal Development Amomg School-aged Childrten in an Area with a High Prevalemce of Vitamin D Deficiency.
JAMA Pediatr. Published online November 28, 2022. Doi:10.1001/jamapediatrics.2022.4581
(2) F. Perry Wilson: The Surprising Failure of Vitamin D in Deficient Kids.
Medscape – Nov. 29, 2022
(3) Helmut Schatz: Vitamin D–Defizienz erhöht das Mortalitätsrisiko.
DGE-Blogbeitrag vom 4. November 2022
Bezeichnend ist Ihre Überschrift: „… ohne Nutzen“. Hätte heißen müssen: ohne Nutzen für das Wachstum. Wieso immer noch diese Feindschaft gegen Vitamin D? Studien mit Monopräparaten gab es genug. Es ist an der Zeit, dass das Vitamin in Kombination mit Ca, Mg, B und K2, seinen unerlässlichen Freunden und mit offenen Augen beobachtet wird. Allmählich nimmt die Qualität der Monopräparat-Studien auch an wissenschaftlicher Weitsicht und Kombinationsfähigkeit ab.
A. M. Steffe, Hamburg
Lieber Herr/Frau Steffe, in den letzten 4 Zeilen des Blog-Abstracts (= 1.Absatz) steht doch alles alles genau aufgeführt, nicht nur das von Ihnen monierte Wachstum, und auch im Originaltitel unter Lit. 1 sind alle Punkte aufgeführt einschlieslich des Tanner-Stadiums.Der DGE-Blog berichtet sachlich und streng fachlich. Wieso verwenden Sie den diskriminierenden Ausdruck „Feindschaft“? Wir gehören nicht zu der Social Media, wo so etwas vorkommen mag.. Respektieren Sie zukünftig die Bitte unseres Präsidenten und von mir, neutral-sachlich zu diskutieren.