Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Führen Mikro- und Nanoplastik-Teilchen zu Herzinfarkt und Schlaganfall?


Bochum, 16. März 2024:

Am 7. Februar 2024 wurde im DGE-Blog über verbotene Plastik-Weichmacher im Urin von Kindern sowie über die Problematik von Mikro- und Nanoplastik – Teilchen im menschlichen Körper berichtet (1). Am gleichen Tag erschien im renommierten New England Journal of Medicine das Ergebnis einer prospektiven Studie über „Microplastics and Nanoplastics in Atheromas and Cardiovascular Events“ (2): In den Plaques der Halsschlagader wurden bei 150 von 257 Patienten (58.4%) Polyäthylen gefunden sowie elektronenoptisch unregelmäßige Fremdpartikel in den Makrophagen der Plaques detektiert.  Die Nachbeobachtung lief über ~34 Monate.

Ergebnisse

Die Patienten mit Mikro- und Nanoplastik-Teilchen (MNPs)  in den Atheromen der Halsschlagader hatten ein höheres Risiko für ein primäres Endpunkt-Ereignis (Herzinfarkt, Schlaganfall oder Tod jeglicher Ursache) als die ohne MNPs (hazard ratio, 4.53; 95%,  CI, 2.00-10.27, p< 0.001).

Diskussion

Die Befunde stellen keinen Kausalitätsbeweis dar, sie zeigen aber eine Assoziation auf. Der Co-Autor der Studie, Antonio Ceriello aus Mailand kommentierte: „I believe we have demonstrated that plastics are a new risk factor for cardiovascular disease….While plastics may have made our lives easier in many respects, it appears that the price we are paying for that is a shortening of our lives. That is not a good balance“ (3). Der Verfasser des dazugehörigen Editorials (4) Philip J. Landrigan aus Boston stufte das Ergebnis Sue Hughes gegenüber (3) als „strongly suggestive“ ein: „Because this was just a single observational study, it doesn’t prove cause and effect, but I think this is strongly suggestive of a causal relationship,“ he said. „While there may be some other confounding factors at play, it is hard for me to imagine that these could account for a hazard ratio of 4.5 — that is a large and alarming increase in just 3 years.“

Facit

Wenn immer möglich Plastik sowie andere endokrine Disruptoren vermeiden! Landrigan, der Verfasser des Editorials spezifiziert, dass die Plastikteilchen vornehmlich durch die Nahrung in den Körper gelangen, wozu auch (Sprudel-)Wasser und Säfte aus Plastikflaschen oder der Verzehr von in Plastik eingepackter Nahrung gehören.  Ganz besonders schädlich sei es, wenn noch in Plastik verpackte Lebensmittel in der Mikrowelle erwärmt werden, wodurch Plastikteilchen in die Nahrung hineingetrieben würden (3). Dies gilt auch für Fertiggerichte, die man nach mehrfachem Durchstechen der Plastikfolienabdeckung in der Mikrowelle erwärmen soll.

Helmut Schatz

Literatur

(1) Helmut Schatz: Verbotene Plastik-Weichmacher im Urin bei ~60% von 250 Kindergartenkindern und bei ~30% von Erwachsenen nachgewiesen.
DGE-Blogbeitrag vom 7. Februar 2024

(2) Raffaele Marfella et al.: Microplastics and Nanoplastics in Atheroma and Cardiovascular Events.
N Engl J Med, March 7, 2024; 390: 900-910. DOI: 10.1056/NRJMoa2309822

(3) Sue Hughes: Plastic Particles in Carotid Plaques Linked to CV Events.
Medscape Medical News: March 8, 2024

(4) Philip J. Landrigan: Editorial: Plastics, Fossil Carbon, and the Heart.
N Engl J Med, March 7, 2024; 390: 948-950. DOI: 10.1056/NEJMe2400683

Publiziert am von Prof. Helmut Schatz
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